Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 136

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Türkei weder geografisch noch kulturell zur Europäischen Union beziehungsweise zu Europa gehört. Des Weiteren wissen wir aber auch, dass der Grad der Demokratisie­rung ein Problem darstellt. Wir wissen, dass die aktuellen Entwicklungen des heurigen Sommers das Ganze noch verschlimmert, noch verschärft haben. Wir wissen auch aus den Monitoringberichten der Europäischen Kommission seit Jahr und Tag, dass die Menschenrechtslage in der Türkei alles andere als rosig ist.

Das führt dazu, dass nicht nur sozusagen rationale Gründe dagegen sprechen, sondern auch die Mehrheit der Österreicher ist gegen einen Beitritt. Wahrscheinlich ist auch die Mehrheit der Bevölkerung in vielen anderen europäischen Ländern dagegen, und auch die Mehrheit der Türken will wohl nicht unbedingt in die Europäische Union.

Wir treten schon länger für eine maßgeschneiderte Partnerschaft ein, das ist nichts Neues. Dennoch muss man sagen, dass seit Jahr und Tag nur herumgeeiert wird, dass nur versucht wird, auf Zeit zu spielen, und die Beitrittsverhandlungen weiter­laufen. Ich habe noch im Ohr, wie Wolfgang Schüssel vor ein paar Jahren in einem Außenpolitischen Ausschuss noch dafür eingetreten ist, wie er gesagt hat: Ja, natürlich sind wir gegen einen Beitritt, aber wir verhandeln weiter, denn das baut Druck gegenüber der Türkei auf, damit sich die Menschenrechtslage verbessert! – Wenn man das jetzt, ein paar Jahre später, Revue passieren lässt, dann sehen wir, wir haben recht behalten, die Menschenrechtslage hat sich dadurch keineswegs verbessert. Diese Beitrittsverhandlungen führen zu nichts.

Das Traurige ist, dass die Regierung dennoch – wenn wir die vorliegende Verhandlung und das Abstimmungsverhalten im Ausschuss, das wir wahrscheinlich auch heute hier erwarten dürfen, betrachten – nicht bereit ist, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Man will einen Antrag beschließen, der de facto nichts aussagt, außer dass man die Bundesregierung in ihrer Meinung unterstützt. Man fordert die Bundes­regierung nicht auf, diese Beitrittsverhandlungen abzubrechen oder alles dafür zu tun, dass sie abgebrochen werden. Herr Minister Kurz hat vor zwei Tagen in den Medien oder in einem Interview wieder verlauten lassen, dass er dagegen ist, aber von Taten sieht man nichts.

Wir, meine Damen und Herren, fordern Sie auf, sich nicht zu verhalten wie bei CETA und Co und nur Sand in die Augen zu streuen, groß zu reden und in Wirklichkeit auf europäischer Ebene nichts zu tun. Wir werden da weiterhin dranbleiben, wir werden weitere Anträge einbringen, damit da etwas weitergeht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


16.34.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Türkei steht in den letzten Monaten eigentlich stärker im Fokus als jeder andere Nachbarstaat der EU. Einerseits haben wir mit der Türkei gute wirtschaftliche Beziehungen, andererseits war im Zusammenhang mit den Flüchtlingen neben der Schließung der Balkanroute natürlich entscheidend für die Entspannung der Situation, dass es der deutschen Kanzlerin gelungen ist, zu einem Abkommen mit der Türkei zu kommen. Das sehe ich durchaus als positiv.

Was aber katastrophal negativ ist, ist die Entwicklung der Menschenrechtslage in der Türkei. Der türkische Präsident Erdoğan hat ja ein umstrittenes Immunitätsgesetz unter­zeichnet – das möchte ich an alle Abgeordneten gerichtet sagen –, das dazu führt, dass ein türkischer Abgeordneter aufgrund regierungskritischer Aussagen inhaf-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite