Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 137

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tiert werden kann. Das passt absolut nicht zum Ansinnen der Türkei, der Europäischen Union beitreten zu wollen. Das passt nicht zusammen!

Wenn ich Mitglied der Europäischen Union werden möchte, dann muss ich Mindest­standards erfüllen. Die Türkei entfernt sich immer mehr von diesen Mindeststandards. Da ist es dann kein Argument, wenn die Türkei darauf hinweist, dass die Verhand­lungen in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und die Beitrittsgespräche offiziell Anfang Oktober 2005 begonnen haben.

Nach den Vorkommnissen in den letzten Monaten stehe ich nicht im Widerspruch zu meinem freiheitlichen Vorredner, sondern ich kann ihm zustimmen, das muss man sagen: Einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sehe ich nicht, das halte ich nicht für möglich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wenn der Außenminister das anspricht, dann empfinde ich das als positiv, weil es ein ehrlicherer Zugang ist als bei vielen anderen, die sagen: Ja, wir müssen verhandeln und verhandeln! – Das ist die offizielle Position. Wenn man dann aber unter vier Augen mit führenden Vertretern anderer Länder spricht – wir kommen immer wieder auch mit Parlamentariern anderer Nationalstaaten zusammen –, sagt jeder, dass es ohnehin klar ist, dass es einen Beitritt momentan nicht geben kann. Da halte ich es für ehrlicher, zu sagen: Es wird keinen Beitritt der Türkei zur EU geben.

Ich habe zu Beginn schon gesagt, dass die Türkei ein wichtiger Nachbar der Euro­päischen Union ist – wirtschaftlich und natürlich auch, wenn man den Krisenherd sieht. Die Türkei gehört trotz aller Bedenken, die ich angesprochen habe, noch immer zum Stabilsten, das wir in dieser Region vorfinden. Daher: Nein zum Beitritt, aber gleich­zeitig gilt es das, was seinerzeit auch schon Außenministerin Ursula Plassnik und Bundeskanzler Schüssel angesprochen haben, nämlich diese maßgeschneiderte Partnerschaft, anzustreben. Das ist im Interesse der Europäischen Union, aber auch im Interesse der Türkei als wichtiger wirtschaftlicher und regionaler Partner.

Es ist gut, dass wir uns hier im Hohen Haus immer wieder mit der Menschenrechts­situation in der Türkei befassen, denn eine ganz große Minderheit dort darf auch nicht von uns vergessen werden, das ist die kurdische Minderheit, und das ist das nächste Problem. Es ist mehr als ein Problem, denn wie Präsident Erdoğan in der Kurdenfrage agiert, ist eigentlich das Nächste, das man dem türkischen Präsidenten vorzuwerfen hat.

Zusammenfassend gibt es von unserer Seite eine klare Positionierung: Nein zum Beitritt der Türkei zur Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mölzer.)

16.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


16.38.59

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um den Erdoğan’schen Machterhalt über­haupt nachvollziehen zu können, ist es wichtig, sich einmal anzuschauen, was sich in den letzten Jahren in der Türkei abgespielt hat.

Punkt eins: Der IS hat ausgeprägte Netzwerke in der Türkei, und das hat er der AKP-Regierung, personifiziert durch Präsident Erdoğan, zu verdanken. Sie haben ja ge­mein­same Interessen. Ein gemeinsames Interesse ist es natürlich, eine starke islamis­tische Region zu sein. Ein weiteres gemeinsames Interesse ist es, dass sie keine kurdischen oder anderen religiösen Strukturen im Mittleren Osten haben wollen. Ein gemeinsames Interesse ist auch der Sturz von Assad.

 


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