Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 139

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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.44.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Irgendwie kommt man auch um symbolische beziehungsweise reale politische Schritte nicht herum. Ich finde, es ist zwar richtig, dass wir uns jetzt mit der Türkei äußerst kritisch auseinandersetzen, aber in einem Halbsatz sei auch Saudi-Arabien erwähnt. (Abg. Schimanek: Bravo!) Das halte ich nämlich auch für das übelste Land vom Üblen mit seiner Doppelzüngigkeit und mit seiner Doppelpolitik (Zwischenruf der Abg. Korun), das mit Sicherheit Kräfte hat, die ihre Finger in der Unterstützung des Islamischen Staates und des Terrors drinnen haben. Nicht umsonst haben die USA jetzt sogar einen Beschluss gefasst, der die Saudis ziemlich empört hat – aber Letzteres ist mir gleichgültig.

Zur Türkei möchte ich Folgendes sagen: Die beginnen jetzt nicht nur Menschenrechts­verletzungen zu machen, sondern die beginnen einfach auch einen Re-Islamisie­rungsprozess, angesichts dessen sich Kemal Atatürk im Grabe umdrehen würde. Er hat nämlich wirklich versucht, Reformen zu setzen und die Türkei stärker an Europa und an die europäischen Werte heranzuführen. Das ist seit Jahren völlig gegenläufig. Im Gegenteil: Man versucht jetzt sogar, über die Türkinnen und Türken, die in anderen europäischen Ländern leben und arbeiten, auch noch Netzwerke aufzubauen. Also irgendwie – ich habe das auch im Außenpolitischen Ausschuss gesagt – hat diese Feier zum Fall von Konstantinopel 1453 auch antichristliche, gegen den Rest Europas gerichtete kulturelle Signale beinhaltet. Ich finde, das muss man auch sehen und dazu kann man sich auch kritisch äußern. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Man muss hier nicht immer nur eine Art von Zurückhaltung üben, oftmals verbunden mit pädagogischen Argumenten wie: Wir müssen aus pädagogischen Gründen weiterverhandeln, vielleicht werden sie dann einsichtig. Irgendwann interessiert mich das Argument nicht mehr! Es ist einfach so – und ich habe das immer ganz anders begründet –: 68 Millionen Einwohner, eine Landwirtschaft, wo wir uns zu Tode finanzie­ren, wenn es zum Beitritt käme – das ist einfach nicht möglich! Und wir kommen auch noch geopolitisch in die Situation, dass sämtliche Krisenherde der Region dann plötzlich Krisenherde am Rand der Europäischen Union sind, wo wir sozusagen auch noch zusätzlich präsent sein sollen. Also ich sehe das eigentlich nicht ein.

Ich finde, dass die deutlichen Worte hier richtig sind. Auch ich bin gegen den Beitritt der Türkei, das sage ich ganz offen; aber ich habe auch noch ganz andere Gründe dafür, muss ich sagen, und nicht nur die Frage der Menschenrechte.

Ich finde, man hat sie natürlich auch längere Zeit hingehalten, ihr den Kandidatenstatus verliehen und immer wieder gesagt, wir reden darüber, wenn sie brav sind, und was weiß ich. – Im Endeffekt hat das vom Ergebnis her nie die grundsätzliche Frage berücksichtigt, warum und ob die Türkei ein Teil der Europäischen Union sein soll und kann, und das geht über das Wirtschaftliche hinaus, das geht auch ins Kulturelle, das ist auch in vielfältiger Weise breiter gefächert. Man sollte sich da hinstellen und auch einmal eine offene Diskussion darüber führen. Das machen wir jetzt gerade, und ich finde, dass das auch ziemlich deutlich – auch hier im Parlament – dargestellt wurde.

Ein letzter Satz: Niemand hat Verständnis für Herrn Gülen, und niemand hat Ver­ständnis für einen Militärputsch dort, aber das gleich zu verwenden, um gegen Zehntausende, die man ohnehin schon die längste Zeit auf den Listen hat, aus den Medien, aus der Richterschaft, aus den Reihen der Lehrer vorzugehen?! Ich meine, so einen Säuberungsprozess muss man sich einmal vorstellen! Daher war es völlig richtig, wie die Kritik und die Reaktion von vielen von uns darauf war. – Das sei festgestellt.

 


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