Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 52

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10.51.42

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Debatte heute wird ja über CETA diskutiert, aber hinter dieser CETA-Diskussion steht die grundsätzlich damit verbundene Frage: Wie soll es handelspolitisch, wie soll es wirtschaftspolitisch, wie soll es an sich europapolitisch weitergehen?

Gerade heute, am Tag des Ergebnisses der US-Präsidentenwahl, ist es erst richtig notwendig, im Lichte der US-Wahl auch hier diese Frage der europäischen Standort­bestimmung durchzuführen.

Übrigens, das US-amerikanische Ergebnis ist meiner Meinung nach anzuerkennen, da ist nichts zu rütteln. Es ist auch zu gratulieren, aber es ist keinesfalls ein Grund für Freude, aber auch nicht für Panik. Ich denke, was Europa jetzt braucht, ist ein kühler Kopf, der bewahrt werden muss und der auch analysieren muss: Wo liegen die politi­schen Felder, in denen Europa seine Standpunkte definieren will?

Eines davon ist sicherlich die sicherheitspolitische Lage, denn wir leben in einer Welt, wo die globalen Auseinandersetzungen in immer mehr dezentralen Konfliktherden auffällig werden, hart werden, so werden, dass sie auch zu einem globalen Problem werden, da sie über Terror und Flüchtlingsströme letztlich auch eine weltweite Auswir­kung haben.

Da braucht Europa sowohl sicherheitspolitisch und außenpolitisch eine eigene Meinung – eine eigene Meinung, nicht mehrere außenpolitische Meinungen –, sicher aber auch einen oder mehrere verlässliche Partner in der Welt. Die USA sind sicherlich in diesem Zusammenhang wichtig, um ein verlässlicher Partner zu sein. Ob das mit Donald Trump so sein wird, da haben viele ihre Zweifel, wenn ich nur an das Iran-Abkommen, das Atomabkommen bezüglich des Iran denke und daran, was Donald Trump im amerikanischen Wahlkampf dazu gesagt hat.

Was ich aber glaube ist, dass Europa in all diesen Fragen selbstbewusst auftreten muss, nämlich selbstbewusst für seine Werte, die auch letztlich die Gründungs­geschichte Europas sind. Das sind nicht nur Frieden und Freiheit, das sind nicht nur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, es ist letztlich auch – oder vor allem – das euro­päische Sozialmodell: ein Wirtschaftsmodell, das Leistung, soziale Sicherheit und ökologische Nachhaltigkeit miteinander verbindet. Dafür müssen wir als Europa in der Welt, in den Handelsverträgen und in bilateralen Verträgen offensiv eintreten. Ich habe das Gefühl, dass Europa dann doch immer wieder über Einzelne – zum Beispiel ist Kom­missarin Malmström meiner Meinung nach so ein negativer Fall – anderen Tendenzen der Liberalisierung, Deregulierung und Runter-mit-den-Standard-Ansätzen in anderen Weltteilen hinterherläuft. Ich glaube, das Gegenteil ist richtig.

Europa hat von der Bevölkerungszahl, von der Wirtschaftskraft, von der Innovations­kraft und aus seiner Geschichte heraus allen Grund, selbstbewusst aufzutreten und zu sagen: Die Sozialstandards, die Umweltstandards, die Arbeitsrechtsstandards, all das, was wir in Europa haben, hat uns so stark gemacht und daher werden wir das nicht herunterfahren, sondern – ganz im Gegenteil – schauen, dass es auch in der Welt zum Standard wird. (Beifall bei der SPÖ.) Das war letztlich auch der Kern in der CETA-Debatte, es ist auch dort genau darum gegangen.

Die zweite Frage, die auch Klubobmann Strolz zu Recht angesprochen hat, ist: Hat Europa für diese Frage auch die Entscheidungsstrukturen, die passen und die uns auch die Resultate liefern, die wir uns wünschen? Da wissen wir die Antwort: Nein! Die Frage ist nicht: Passt Kanada zu Europa? Die Frage ist: Passt die aktuelle polnische Innenpolitik zu Europa, was zum Beispiel die Abtreibungs- und Frauenrechtsfrage betrifft? Da gibt es immer wieder solche Fragen. Passt die britische Steuerpolitik zu


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