Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 77

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man wirklich nur noch auf eine Art und Weise begegnen: mit Verachtung. Etwas anderes haben die gar nicht verdient.“

Ich denke, das ist schockierend genug.

Und ein drittes Mal werden Sie schockiert sein, wenn ich Ihnen Folgendes sage: Ich habe hier einen Brief der österreichischen Justiz, der Staatsanwaltschaft Wien. Wenn Sie sich erinnern, vor knapp einem Jahr bin ich von Ihnen allen als Persona non grata, als schwarzes Schaf, überhaupt als das Böse Österreichs abgestempelt worden. Sie haben mich verurteilt und haben mir antisemitische Meinung unterstellt. Ich darf Ihnen nun das zur Kenntnis bringen, was die Staatsanwaltschaft mir in einer Benachrich­tigung geschrieben hat: Die Staatsanwaltschaft hat das gegen Sie geführte Ermitt­lungsverfahren eingestellt.

Ich werde mir in Zukunft wirklich verbitten, derartige Meinungen über mich zu ver­breiten.

Ich bedanke mich für Ihr Zuhören und wünsche noch ein gutes Diskutieren.

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nun ist Herr Bundeskanzler Mag. Kern noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


12.21.55

Bundeskanzler Mag. Christian Kern: Ich möchte abschließend noch auf ein, zwei Punkte und auch auf das Insistieren der Anfragesteller zurückkommen, wie das größere Bild hier einzuordnen ist. Vielleicht darf ich aber vorweg noch einmal, um den ganzen Vorgang zu skizzieren, weil es mir schon wichtig ist, dass wir ein paar Prin­zipien außer Streit stellen – bei allen Meinungsverschiedenheiten, die wir da haben –, kurz auf CETA, auf diesen ganzen Prozess eingehen, und ich darf das unterstreichen.

Als sich die EU-Kommission entschieden hat, dass das ein Abkommen ist, das den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorgelegt wird, hat das Jean-Claude Juncker getan, entgegen dem Rat seines eigenen Rechtsdienstes. Er hätte das nicht tun müs­sen. Er ist uns entgegengekommen, hat die Hand ausgestreckt und gesagt: Ich ver­stehe eure Probleme. Diskutieren wir noch einmal gemeinsam darüber! – Und ich muss sagen, ich bin froh, dass er das getan hat. Ich halte es für klug und weitsichtig, dass er das getan hat. Nur, wenn Sie in einer solchen Situation sind, Ihnen bei so einem Thema jemand die Hand entgegenstreckt, dann haben Sie zu bewerten: Was liegt vor? Wie können Sie die Problemfelder, die Sie dabei sehen, verbessern, weiter­entwickeln, in einer gewissen Weise abschwächen und Fortschritte dabei erreichen?

Wenn Sie diesem Entgegenkommen so begegnen, dass Sie die entgegengestreckte Hand ausschlagen und sagen: Nein, wir wollen uns bei 100 Prozent unserer Bedenken durchsetzen, in einer Konstellation, in der am Ende die Relation 27 versus 1 ist oder jedenfalls eine deutliche Minderheit herauskommt, dann kann man das auch tun, es muss einem nur bewusst sein, dass das am Ende Konsequenzen haben wird. – Kon­sequenzen für die Stellung Europas in der Welt. Wir haben ja nach dem Brexit-Votum erlebt, wie Europa in diesem internationalen Spiel der globalen Kräfte betrachtet wird, nämlich durchaus auch mit einer gewissen Unsicherheit: Gibt es euch noch lange? Wie wird das alles weitergehen?

Vor dem Hintergrund haben wir da auch Verantwortung für die Stellung Europas in diesem globalen Spiel. Wir haben aber noch mehr Verantwortung für die österreichi­schen Interessen innerhalb Europas, denn wenn Sie diese Hand ausschlagen und sagen, das interessiert Sie alles nicht, dann muss Ihnen bewusst sein, dass Sie diese Entscheidung einholt und wir beim nächsten Anlass wieder gemeinsame Themen


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