Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 132

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nimmt – und heute gibt es eh schon kritische Stimmen zu einzelnen dieser Neuaufnah­men –, das auch eine Herausforderung für die Europäische Union bedeutet und dass sie das weder wirtschaftlich noch politisch noch von den Kriterien der Aufnahmefähig­keit her wirklich verkraftet hat. Hier trifft es ganz besonders zu, und daher, glaube ich, ist es wichtig, dass man dazu die entsprechenden Schritte setzt.

Historisch muss irgendwo auch ein Interesse der USA dahintergestanden sein, weil die Türkei immer eine Flanke war, ein NATO-Mitglied, sie hat die Atomraketen aufgestellt und war also da in einem wesentlichen Punkt engagiert. (Abg. Pirklhuber: Das ist es!) Es war fast wie eine Belohnungsstrategie, dass sich die USA immer dafür eingesetzt haben, dass die Türkei zur EU kommt.

Für Österreich als neutrales Land gibt es noch etwas ganz besonders Schwieriges: Wenn die Türkei Mitglied ist, sind wir schlagartig Teil eines Großraumes, der an alle wichtigen Krisengebiete anschließt, und sind dann unter Umständen gleich gezwun­gen, dass auch österreichische Soldaten in bestimmten Fällen an den Grenzen einge­setzt werden. – Das sind viele, viele Fragen, die damit in Zusammenhang stehen.

Natürlich gibt es auch wirtschaftliche Interessen: Tausende deutsche Unternehmen wie auch viele andere haben in der Türkei investiert (Abg. Pirklhuber: Auch manche ös­terreichische Firmen!), und die sind natürlich daran interessiert, dass es diesen Pro­zess der Annäherung und diesen Prozess der Kooperation gibt. Den kann es durch spezielle wirtschaftliche Beziehungen geben. Auf der Ebene kann es das ja durchaus geben, aber das muss nicht bedeuten, dass es zu einer EU-Mitgliedschaft der Türkei kommt. Ich bin daher immer schon aus grundsätzlichen Erwägungen und vor allem auch aus den jetzt von mir genannten Erwägungen gegen einen Beitritt der Türkei in die Europäische Union gewesen.

Also ich reduziere das jetzt nicht „bloß“ – bloß unter Anführungszeichen – auf die Fra­ge der Menschenrechte und auf die Frage, wie sie mit der Demokratie, mit den kurdi­schen und anderen Minderheiten umgehen, sondern ich glaube, dass das auch sonst nicht möglich wäre. Ehrlich gesagt, das Signal der Feierlichkeiten zum Fall Konstan­tinopels 1453, so quasi um zu signalisieren, jetzt marschiert der Islam gegen das christ­liche Abendland auf – ich interpretiere das jetzt nicht über, keiner möge mich bitte falsch verstehen, aber das ist die Optik von all dem, die rennen dort mit Papierhüten herum und feiern das –, also das ist etwas, das ich nicht nachvollziehen kann. Darin sehe ich sozusagen noch zusätzlich ein Motiv, um diese kritische Anmerkung zu ma­chen. Daher, glaube ich, ist es notwendig, dass man auch über den aktuellen Stand der Tagespolitik noch eine Anmerkung macht.

Das Verhalten der EU-Kommission kann ich auch nicht verstehen, da stimme ich mei­ner Vorrednerin zu. Eigentlich ist es ein Zuschieben der Verantwortung auf die Mit­gliedsländer, dass die sich dazu äußern, aber die Kommission könnte ja hier einmal eigene Schritte setzen. Ich erwarte, dass das noch kommt, und wir sollten dafür auch den entsprechenden Druck ausüben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Lopatka zu Wort. – Bitte.

 


15.56.07

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für sehr positiv, was uns heute in der Früh gelungen ist, nämlich dass wir begonnen haben, ein Signal österreichischer Parlamentarier an die Türkei auszuschicken, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Mehr als hundert Abgeordnete haben diese Erklärung mittlerweile unterschrieben. Das ist ein


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