Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll152. Sitzung / Seite 133

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starkes Signal, und das ist das Gegenteil von dem, was die Europäische Kommission momentan kennzeichnet. Klubobfrau Glawischnig hat es mit dem Wort Zurückhaltung sehr nobel umschrieben. Man könnte noch ganz andere Worte dafür finden.

Wir müssen eines sehen: Wirtschaftlich und in der Flüchtlingsfrage ist die Türkei natür­lich für viele europäische Staaten – da ist auch Österreich direkt betroffen – ein Land, wo wir nicht sagen können, dass uns die Beziehungen zu ihm egal sind. Wir müssen natürlich sehen, dass es auch positive Entwicklungen gegeben hat, aber das soll keine Entschuldigung dafür sein und nicht heißen, dass wir die Augen verschließen müssen, wenn Menschenrechte, wenn Grundrechte so fundamental verletzt werden. Am Ende des Tages müssen wir den Mut haben, aufzuzeigen, dass Menschenrechte und Grund­rechte vor wirtschaftlichen Interessen stehen.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt für mich, und daher sage ich Ihnen, ich halte es für gut, dass es diesen Entschließungsantrag gibt, dass wir jetzt die Debatte führen, aber das Entscheidende für mich war, dass alle sechs Fraktionen signalisiert haben, dass es für uns keine parteipolitische Frage ist, sondern eine ganz grundsätzliche Fra­ge, wie wir Abgeordnete das sehen, wenn europäische Abgeordnete in der Türkei – zu­mindest ein Teil der Türkei ist Europa – mundtot gemacht werden. Wenn Erdoğan glaubt, dass er ihnen die Stimme nehmen kann, dann sind wir umso mehr gefordert, weil es für uns ein Leichtes ist, unsere Stimme zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Es gibt Punkte, die für mich unverhandelbar sind: wenn es um Menschenrechte geht, wenn es um Grundrechte geht. Auch die Frage der Visafreiheit ist genau ein Punkt, bei dem wir – selbst vor der riesengroßen Herausforderung, die Flüchtlingswelle zu bewäl­tigen – diese Positionen nicht aufgeben müssen. Da ist die Europäische Union gefor­dert, das zu tun, was ihre ureigenste Aufgabe ist – wenn wir Schengen ernst nehmen –: die EU-Außengrenzen zu schützen.

Vielleicht wachen manche in Europa nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl auf und realisieren, dass es gut ist, die eigenen Interessen selbst zu vertreten und nicht darauf zu schielen, was US-Amerika quasi als Weltpolizist für uns macht oder nicht macht. Daher sage ich, vor diesem Hintergrund war es richtig, heute diese gemein­same Erklärung seitens der Parlamentarier aufzusetzen. Es ist richtig, dass wir eine klare Position dazu einnehmen.

Nicht wir schlagen die Tür zu, es ist Erdoğan, der die Tür zu Europa zuschlägt, das ist auch deutlich zu sagen. Nicht wir sind diejenigen, die den Dialog abbrechen, es ist Er­doğan, der Schritte setzt, bei denen wir einfach nicht stumm bleiben dürfen. Die Frage der Todesstrafe ist eine, die selbst Bundeskanzlerin Merkel deutlich angesprochen hat, denn sie steht natürlich vor der größten Herausforderung.

Ihre Herausforderung ist weit größer als die unsere. Sie ist mittlerweile auf europäi­scher Ebene quasi die einzige Politikerin, die die Statur hat, europäische Interessen weltweit zu vertreten. Für mich sind daher die Erklärung, die wir heute abgefasst ha­ben, und diese Debatte etwas Grundsätzliches. Wir sollten bei dieser Debatte auch alles tun, um uns nicht auseinanderdividieren zu lassen, und aufzeigen, dass das Euro­päische Parlament vielleicht dem österreichischen Beispiel folgen und mit einer Stim­me sprechen kann.

Schicken wir heute das Signal aus, dass das österreichische Parlament mit einer Stim­me spricht! Die Erklärung ist diese Stimme. (Beifall bei ÖVP und Team Stronach.)

16.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. – Bitte.

 


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