Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 97

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12.42.42

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, wir brauchen eine Gesundheitsreform, und einiges, was hier an Reformvorhaben vorgege­ben wurde, begrüßen wir auch. Es ist eine Gesundheitsreform mit Sonnen- und mit Schattenseiten.

Die Grünen begrüßen, dass teure Spitalsstrukturen abgebaut werden, und das bedeu­tet, dass der ambulante Bereich ganz konsequent gefördert werden sollte. Es ist uns auch sehr wichtig, dass es wieder mehr Kassenverträge gibt, also das Sachleistungsprinzip gestärkt wird. Ich bin aber, anders als mein Vorredner, der Meinung, dass es längst Auf­gabe der Politik gewesen wäre, attraktivere Kassenvertragssituationen zu schaffen, zum Beispiel durch die Möglichkeit, dass sich zwei ÄrztInnen einen Vertrag teilen, oder aber auch Arbeitsmodelle, die die Versorgung am Wochenende attraktiver und leichter mög­lich machen.

Dass eine Grundlage für die Primärversorgung geschaffen wird, das finden wir sehr positiv. Dass es in Zukunft eine gemeinsame Planung für den stationären und den nie­dergelassenen Bereich gibt und auch, dass sich die Länder künftig an die Planungs­vorgaben des Bundes halten müssen und dass es da eine Durchsetzungsmöglichkeit auf gesetzlicher Basis geben wird, finden wir grundsätzlich begrüßenswert. Sehr erfreulich ist auch, dass der Spitalskostenbeitrag für Kinder abgeschafft wird, dass es nun Mittel für Hospiz- und Palliativversorgung gibt, die damit auch über Jahre gesichert sein soll­te, und dass mehr Mittel für Menschen mit seltenen Erkrankungen zur Verfügung ge­stellt werden.

In einigen wichtigen Punkten geht uns die Reform aber nicht weit genug. Ich persönlich finde, dass sich diese Gesundheitsreform mehr an der Schwächung der Ärzteschaft als an den eigentlichen Problemen des österreichischen Gesundheitswesens orientiert hat. Man hat zu wenige Reformen im Bereich der Gesundheitspolitik und der Sozialversi­cherung vorgenommen. Der Kompetenzdschungel bleibt weiterhin bestehen, nach wie vor gibt es keine Finanzierung aus einer Hand, und wir wissen, wie problematisch sich das immer wieder auswirkt.

Die Zusammenlegung der Krankenkassen auf eine Krankenkasse ist in weiter Ferne – und damit auch die Leistungsvereinheitlichung. Der Mangel an Allgemeinmedizinern wird uns mit oder ohne Primärversorgung treffen. Es gibt massive Probleme in der Ärzte­ausbildung, und dort müsste unbedingt angesetzt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt auch einige Punkte, die wir sehr kritisch sehen und in denen wir teilweise auch die Bedenken der Ärztekammer teilen. Das betrifft die Frage der Ausgabenobergrenze für den Zeitraum 2017 bis 2021. Es existiert ein Kostendämpfungspfad. Ja, nominell sind es 4,5 Milliarden € mehr, die ins Gesundheitssystem fließen werden, aber ohne fixe An­gabe des Referenzsystems. Es ist nämlich vom prognostizierten BIP-Wachstum ab­hängig, und daher ist nicht abschätzbar, ob diese finanziellen Mittel dazu führen wer­den, dass es ein Einsparungsprogramm gibt oder nicht.

Zur Primärversorgung: Die Grünen sind dafür, dass Primärversorgungsstrukturen etab­liert werden. Aber wir sind für einen gesunden Mix aus Einzelpraxen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten. Wir wollen nicht, dass die Primärversorgung die Ein­zelordination beziehungsweise die freiberufliche Arztpraxis verdrängt. Damit das nicht passiert, braucht es gute und sinnvolle Steuerungsmechanismen wie die zahlenmäßige Einschränkung von Primärversorgungseinheiten, einen Gesamtvertrag auch für die Pri­märversorgung, die Beschränkung der Anzahl der angestellten Ärzte und die Beschrän­kung der Zahl der zu versorgenden PatientInnen.

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, genauso wie das Festhalten am Gesamtvertrag, denn mit den Primärversorgungszentren wird ein marktzugängliches neues Modell etab-


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