Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 134

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(Abg. Schimanek: Haben Sie aufgepasst? – Heiterkeit der Abgeordneten Schimanek und Peter Wurm.) Nach vorwärts zeigt es nicht, denn die Realität vor vierzig, fünfzig, sechzig Jahren war eine andere als die, die Sie hier schildern. (Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Schimanek.) Damals gab es keineswegs weniger Schüler, die die Schule mit mangelnden Kenntnissen verlassen haben, sondern deutlich mehr. Was sich ge­ändert hat, ist die Gesellschaft. Es wäre sehr schön, wenn die Freiheitliche Partei das zur Kenntnis nehmen würde. (Abg. Walter Rosenkranz: Also meine Eltern waren noch Pädagogen, die den Kindern Lesen und Schreiben beigebracht haben! Da ist noch et­was passiert!)

Die Anforderungen der Gesellschaft, die Anforderungen der Wirtschaft an Absolventin­nen und Absolventen des Schulsystems sind gestiegen. Früher gab es noch Hilfsarbei­ter in den Betrieben, die nicht lesen und schreiben können mussten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Barbara Rosenkranz und Peter Wurm.) Das gibt es heute nicht. Wenn Sie heute in irgendeiner Firma die einfachste Tätigkeit ausüben, dann müssen Sie le­sen können, dann müssen Sie mit dem Computer umgehen können. Diese gestiege­nen Anforderungen sind es, auf die unser Bildungssystem dringend eingehen müsste. (Abg. Peter Wurm: Das ist ja weltfremd, was Sie da sagen!)

Frau Ministerin, der Ausbau der Ganztagsschule ist nun sicherlich ein richtiger Weg, das ist überfällig, das ist keine Frage. Was schade ist, ist, dass, wenn man viel Geld in die Hand nimmt, man nicht die Konsequenz hat, die selbst formulierten Ziele auch wirklich umzusetzen. (Abg. Peter Wurm: Herr Walser, Realitäten anerkennen!)

Ich möchte Ihnen ein Zitat aus dem Jahr 1974 vorlesen, das ich vor Jahren schon ein­mal vorgelesen habe. Es stammt von einer großen Sozialdemokratin, von Johanna Doh­nal. Was mich schon erstaunt, ist, wie aktuell das nach wie vor ist, aber leider richten Sie sich nicht danach:

„Ich gehöre jedenfalls zu jenen, die nicht aufhören werden, die Einrichtung von Ganz­tagsschulen, und zwar in der Form der Integrierten Gesamtschule, zu fordern, denn erst die Zusammenführung dieser beiden Schulformen ermöglicht optimal, allen Kindern in der Schulbildung die gleichen Chancen einzuräumen.“

Darum geht es! Ich kann Johanna Dohnal nur unterstützen – nein, das kann ich nicht mehr, denn sie ist leider verstorben, aber Johanna Dohnal hat hier mit jedem Wort recht. Wir brauchen nicht nur die Ganztagsschule, sondern wir müssen diese zwei Schulfor­men miteinander verknüpfen.

Zum Thema Wahlfreiheit – von der Freiheitlichen Partei, auch von den Konservativen immer wieder in den Vordergrund gestellt –: Ja, gerne, wenn wir genug Geld in dieser Republik haben, jedem Kind das Schulsystem zur Verfügung zu stellen, das es jeweils benötigt, dann können wir darüber sprechen. Das ist überhaupt keine Frage, aber wir haben das notwendige Geld nicht. Wir müssen schauen, dass wir die vorhandenen Mit­tel effizient einsetzen.

Und: Ja zur Wahlfreiheit, aber kehren wir das doch um! Machen wir die moderne, ge­meinsame Ganztagsschule zum Modell, und dann können sich die Eltern, die das nicht wollen, im Umkreis von 20 Kilometern aussuchen, wohin sie ihr Kind bringen. Wir kön­nen aber nicht den pädagogischen Fortschritt so lange blockieren, bis endlich die Mehr­heit der Bevölkerung, die Mehrheit in den Landtagen – dabei denke ich vor allem an Niederösterreich und andere erzkonservative Bundesländer – bereit ist, entscheidende Schritte mit uns mitzugehen.

Der Herr Kollege Rosenkranz hat Finnland angeführt und den Kollegen Hopmann: In Finnland, Herr Kollege, finden 30 Prozent des Unterrichts außerhalb der Schule statt. Das ist eines der Geheimnisse, und das war die Antwort, die vielleicht der Fachmann auf dem Parkett – nämlich derjenige, der die PISA-Tests international organisiert – ge-


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