Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 133

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sagt. Ich glaube, dass es daran liegt. Die Menschen sind gleich an Würde und Rech­ten, wir alle stimmen dem hundertprozentig zu, aber sie sind höchst unterschiedlich in ihren Fähigkeiten und Neigungen. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Die Bereitschaft zu lernen, zu wissen, zu erkennen, ist im Menschen angelegt. Beob­achten Sie einmal ein spielendes Kind, wie hartnäckig, wie selbstvergessen, mit wel­chem Ernst, mit welcher Hingabe ein Kind versucht, schwierige Dinge zu bewältigen. Kinder haben von sich aus eine enorme Bereitschaft, sehr viel Mühe zu investieren. Die Bereitschaft, Mühe zu investieren, ernsthaft zu lernen, ist, wenn man so sagen will, dem Leben immanent, sonst könnte es ja überhaupt nicht bestehen. Der Drang zur Entwick­lung, das ist das Leben selbst! Wer da nicht aufsetzt, der betrügt nicht nur den Einzel­nen um seine Möglichkeiten, sich zu entfalten, sondern er wird auch im Gesamtgesell­schaftlichen keine gute Leistung erzielen können.

Das ist genau das – das Ding hat ja mehrfach den Namen gewechselt, von der antiau­toritären Erziehung in Summerhill über die sogenannte Reformpädagogik bis hin jetzt zur Kompetenzpädagogik –, genau da liegt der Fehler. Es ist dieses falsche Verständ­nis vom Wert des Lernens, von der Wichtigkeit des Lernens: Genau das ist es, warum es jetzt nicht so gut geht, wie es gehen könnte.

Schauen wir uns ein bisschen um in den Zeiten und ein bisschen hinaus über unsere Zeit! Legen wir unsere etwas naive oder auch überhebliche Vorstellung davon ab, dass wir an der Spitze des Fortschritts und der Entwicklung in der besten aller Zeiten leben! Schauen wir einmal in das angeblich so spießige 19. Jahrhundert zurück und auf die damaligen Karrieren! Ich habe mir ganz willkürlich einige herausgesucht: Max Weber hat mit 29 Jahren eine Professur angetreten; Friedrich Nietzsche hat mit 25 Jahren sei­ne erste Vorlesung gehalten; zwei Junghegelianer, Feuerbach und Strauß, haben mit 24 Jahren ihre Lehrtätigkeit an Universitäten aufgenommen.

Was sagt uns das? – Das sagt uns erstens, dass die Bereitschaft für Innovation und Risiko bei den Institutionen und Autoritäten des 19. Jahrhunderts erheblich war. Das ist jetzt nicht der Punkt, über den ich reden möchte, aber es zeigt vor allem – und das gibt uns zu denken –, wie hoch das Durchschnittsniveau damals gewesen sein muss, wenn solche Spitzenleistungen in so jungem Alter erreicht werden konnten. Da waren nicht viele dabei, die mit 15 Jahren nicht sinnerfassend lesen konnten, und es wird auch sel­ten gewesen sein, dass jemand die Matura abgelegt hat, ohne in Grammatik und Logik bei der textlichen Verarbeitung seiner Gedanken perfekt zu sein.

Heute wären solche Karrieren fast nicht möglich. Das ist natürlich ein großer Schaden für den Einzelnen, der so früh nicht so weit kommt. Man muss also einen Überblick über das vorhandene etablierte Wissen haben, um neuen Dingen und Innovationen über­haupt erst die Bahn zu brechen. Aber es ist gesamtgesellschaftlich natürlich eine Kata­strophe, denn nur, wer in diesem jungen Alter auf diesen Gipfel kommt, der hat den Elan und vielleicht auch die Lust, Tabus zu brechen und zu provozieren. Dahin müssen wir wieder kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es braucht eine grundsätzliche Debatte über die Ausrichtung der Pädagogik und keine ideologischen Vorstöße, wie wir sie seit Jahrzehnten kennen, in eine Richtung, die längst überholt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


14.50.05

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Rosenkranz, das Beschwören der Vergangenheit, dass es früher immer viel, viel besser war, das passt zur Politik der Freiheitlichen Partei im Bildungsbereich.


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