Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll157. Sitzung / Seite 272

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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Kassegger
und Walser.)

 


22.25.43

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den Zielen, die Kollege Walser jetzt skizziert hat, gehen wir natürlich konform. Wir haben im Ausschuss für die Enteignung gestimmt. Tat­sächlich gibt es bei uns schon ein differenzierteres Bild – mit nur einem Abgeordneten im Ausschuss ist es aber natürlich schwierig, diese Unterschiedlichkeit im Abstimmungs­verhalten zum Ausdruck zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Schönegger.)

Wir wollten eigentlich eine Vertagung dieser Materie, weil wir es nicht für ausreichend geklärt halten, was nach der Enteignung passiert. Die Pläne dafür sind diffus, es gibt Emp­fehlungen der Historikerinnen- und Historikerkommission, wie damit umzugehen ist, aber keinen verbindlichen Plan dafür. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schönegger.)

Wir haben eben eine differenzierte Sichtweise in Bezug auf dieses Problem, Enteig­nung kann nur die Ultima Ratio sein. Sie kennen alle eines der Mottos der Französi­schen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Privateigentum – das ist etwas, das auch wir hoch­halten. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Schönegger.)

Auf der anderen Seite handelt es sich natürlich um einen sehr singulären Fall, bei dem alle Mechanismen, die sonst für die Enteignung greifen würden, nicht greifen können, sonst wäre diese Materie jetzt ja auch nicht im Hohen Haus, sondern es würde darüber einfach gesetzeskonform entschieden werden.

Warum soll denn überhaupt enteignet werden: Damit dem Ort ein gewisser Mythos ent­zogen werden kann? – Das wird natürlich nur schwer möglich sein, denn der Ort an sich wird durch die Enteignung nicht verschwinden. Braunau wird auch nicht von der Landkarte verschwinden. (Abg. Schönegger: Sehen das alle bei den NEOS so?) – Dass Braunau nicht von der Landkarte verschwindet, sehen sicher alle bei den NEOS so.

Wie sieht denn dieser braune Tourismus überhaupt aus? – Da gibt es anekdotisches Wissen, da gibt es Beobachtungen, aber keine Zahlen. Es ist nicht so, dass wir in Zweifel ziehen, dass es diesen Nazitourismus gibt. Ich habe auch beim Herrn Minister Sobotka gefragt, Zahlen konnte er allerdings keine nennen. In den Erläuterungen zum Gesetzentwurf steht auch: „Besuche an der Kultstätte erfolgen zumeist unauffällig.“ Das heißt, es wird vielleicht oft etwas beobachtet, aber nicht systematisch, und es wird schon gar nicht gezählt.

Wie gesagt, wir ziehen das nicht in Zweifel, aber ein bisschen mehr Substanz bei den Fakten wäre schon angebracht – ein bisschen mehr Substanz statt Bauchgefühl und Anekdoten. Wir haben hier den Abschlussbericht der Kommission zum historisch kor­rekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers, das ist ein sechsseitiges Doku­ment. Wenn wir da die Füllseiten wie Inhaltsverzeichnis und Deckblatt abziehen, haben wir zweieinhalb Seiten – da steht nicht besonders viel drin.

Es muss auch nicht besonders viel drinnen stehen, ich bin froh, wenn ich einmal nicht so viel lesen muss, aber das ist eben doch eine sehr knappe Zusammenfassung mit sehr wenig Substrat. Im Gegensatz zum Substrat stehen da Formulierungen drin wie: „Die Symbolik und Aura seines Geburtsortes dient der Identifikation“ – das sind schwer messbare Sachen. „Aura“ – ich meine, da wird wohl keiner mit einer Kirlian-Kamera hin­gefahren sein.

Ich vertraue aber natürlich darauf, dass die Historikerinnen- und Historikerkommission so etwas wie „Aura“ auch wahrnehmen kann. Offensichtlich gibt es andere Leute, die das auch wahrnehmen, sonst hätten wir ja nicht den Nazitourismus dort. Offensichtlich gibt


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