Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 103

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Dr. Scherak als Antragsteller. – Bitte.

 


13.41.10

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Ich würde diese erste Lesung gerne mit einer Anekdote beginnen, die mir der ehemalige Bundespräsident Fischer einmal erzählt hat.

Er hat mir erklärt, dass sich, als er als junger Abgeordneter hier ins Parlament gekom­men ist, ein Abgeordneter darüber beschwert hatte, dass er keine Antwort auf eine An­frage an einen Minister bekommen hatte. Und da hat Alfred Maleta – ich weiß nicht, ob er damals Minister oder Nationalratspräsident war – gesagt: Na ja, lesen Sie einmal den Artikel 52 der Bundesverfassung. Darin steht, ein Abgeordneter darf eine Anfrage stellen. Es steht aber nirgendwo drin, dass der Minister auch antworten muss.

Nun ist es so, dass die Geschäftsordnung des Nationalrates schon vorsieht, dass ein Minister zu antworten hat, aber wir fühlen uns als Abgeordnete doch immer wieder ir­gendwie an diese Anekdote erinnert, weil wir doch sehr oft nicht die Antworten bekom­men, die uns eigentlich zustehen.

Besonders das Verteidigungsministerium fällt in diesem Zusammenhang immer wieder auf – ganz egal, welcher Minister. In einem Fall hatte ich eine Anfrage an den Landes­verteidigungsminister Klug gestellt. Ich fragte ihn danach, mir alle Dienstleistungen aus seinem Ressort, die er vergeben hatte, aufzuzählen und um die entsprechende Auf­gliederung nach Auftragsvolumen, Auftragnehmer, Art des Vertrages und dem genau­en Vertragsinhalt. Er hat mir daraufhin erklärt, mit wem er ein paar Dienstleistungen abgeschlossen hat und schreibt dann zum Beispiel: Die Auftragsvolumina dafür lagen zwischen 600 € und 60 000 €. Das war natürlich nicht das, wonach ich gefragt hatte.

Das Problem ist, dass mir kaum eine Option bleibt, die Antwort zu erhalten, die ich haben will. Das hat zwei Gründe: Einerseits ist es ein verfassungsrechtliches Problem, denn als der Verfassungsgesetzgeber 1929 die Verfassung geändert hat und seitdem die Bundesregierung nicht mehr vom Nationalrat gewählt wird, ist das Prinzip, nach dem ein Organ, das von einem Vertretungskörper gewählt wird, diesem gegenüber nicht an die Amtsverschwiegenheit gebunden ist, im Zusammenhang mit der Bundesregie­rung und dem Nationalrat nicht mehr gültig, da ja die Regierung nicht vom Nationalrat gewählt wird.

Nun ist die Amtsverschwiegenheit grundsätzlich etwas Skurriles, muss man sagen, und nicht mehr zeitgemäß, aber es ist noch skurriler, dass ein Landeshauptmann zum Bei­spiel gegenüber einem Landtag sehr wohl auskunftspflichtig ist und nicht an die Amts­verschwiegenheit gebunden ist, aber die Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat weiterhin an die Amtsverschwiegenheit gebunden ist.

Und es gibt ein zweites Problem, das praktischer Natur ist: Die Minister wollen eben oft einfach nicht antworten. Zurzeit haben wir Abgeordnete in einem solchen Fall als ein­zige Möglichkeit, hier eine Kurzdebatte zu einer nicht ausreichend beantworteten An­fragebeantwortung zu führen. Dann haben wir auch noch die Option, die Beantwortung hier im Parlament nicht zur Kenntnis nehmen. Das geht allerdings nur mit Mehrheits­entscheidung, und selbst wenn das passiert, hat es auch keine Auswirkungen. Schließ­lich bedeutet das nur, dass wir es nicht zur Kenntnis genommen haben.

Die Chance, mich als Abgeordneter hinzustellen und zu sagen, eine Anfragebeantwor­tung ist nicht entsprechend dem verfassungsrechtlichen Prinzip beantwortet worden, ha­be ich nicht.

 


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