Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 145

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Gehen wir einmal weiter bei den Sachen, die sein können: Kann es sein, dass wir uns vielleicht in der jetzigen Situation – in der TTIP ja auf des Messers Schneide steht be­ziehungsweise TTIP erfreulicherweise zu kippen scheint – vieles nicht überlegt haben, in Bezug auf die Bedeutung von CETA und seinen Konsequenzen? CETA gilt ja zwi­schen der EU und Kanada und nicht zwischen der EU und den USA, das heißt, dass kanadische Unternehmen und Unternehmen, die in Kanada wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten entfalten, egal, wem sie gehören, die Rechte aus CETA in der gesamten Europäischen Union geltend machen können. Die Europäische Union kann aber diese Rechte natürlich nur in Kanada geltend machen.

Kann es nun sein, dass 79 Prozent der Exporte aus Kanada in die USA gehen, 69 Pro­zent der Importe aus den USA kommen und Kanada daher ein wirtschaftlicher Wurm­fortsatz der Vereinigten Staaten ist? Kann es weiters sein, dass in der kanadischen In­dustrie praktisch ausschließlich amerikanische Unternehmen, die ganz oder überwie­gend unter amerikanischem Einfluss oder unter amerikanischer Kapitalkontrolle stehen, die Wirtschaft bilden? Es gibt Ausnahmen, es gibt Bombardier und so weiter. (Abg. Matznetter: Magna, Stronach!) Es gibt auch Magna, das ist auch eine Ausnahme, aber Sie würden sich wundern, wenn ich Ihnen die Aktionärsstruktur von Magna heute dar­lege. Das ist nicht die Familie Stronach. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznet­ter.) Wie viel kanadischer Einfluss da noch ist, kann man auch sehen.

Kann es daher sein, dass wir, wenn wir jetzt CETA in Kraft setzen, den amerikanischen Unternehmen, und zwar allen, die in Kanada wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten ent­falten und ein Geschäft mit Europa durchführen, damit die Möglichkeit geben, europäi­sche Vorschriften über die in CETA enthaltenen Investitionsschutzklauseln auszuhe­beln und uns selbst diese Möglichkeit gegen amerikanische Gesellschaften und für den amerikanischen Markt nicht holen? Kann es daher sein, dass wir, auf gut Deutsch gesagt, einen Schuss haben müssen, dieses Abkommen so zu unterzeichnen? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und Team Stronach.)

Ich glaube, es kann sein. Ich glaube nicht, dass es, wie Kollege Schultes das so ele­gant gesagt hat, Krawallmacher und Wirbelschläger sind, die dieses Volksbegehren un­terstützt und unterzeichnet haben. Wir sind der Ansicht: Wenn es einen so breiten Wi­derstand in der Bevölkerung gibt, wenn es eine so starke Unterstützung für ein Volks­begehren gibt, wenn es so viel Unbehagen und Widerstand in den Koalitionsparteien gegen dieses Abkommen gibt, wenn es bei den Experten – wir waren ja selbst bei den Hearings dabei – eine so große Überzahl von kritischen Stimmen dagegen gibt, wenn es auch die Möglichkeit gibt, wie ich es ein bisschen zu skizzieren versucht habe, sich mit einigen wenigen Überlegungen von der – vorsichtig ausgedrückt – Problematik der Ratifizierung des Abkommens zum jetzigen Zeitpunkt zu überzeugen, und wenn es – um auf die Kollegin Muttonen noch einzugehen – nichts mehr zu verhandeln gibt, weil es verhandelt und im Rat, mit Zustimmung des Rates, bereits vorläufig in Kraft gesetzt ist – die Zustimmung des Europäischen Parlamentes ist aufgrund der dortigen Mehr­heitsverhältnisse nur noch eine Formsache –, heißt das, wir können nur noch Ja oder Nein sagen. Wir können es ratifizieren oder nicht ratifizieren.

Wir sind daher der Meinung – wir sind es der Bevölkerung schuldig –: In einer so um­strittenen Sache, die so tief in die demokratische Grundstruktur, in unsere Rechte und unsere Rechtstraditionen eingreift, müssen wir die Bevölkerung mitreden lassen. Ich brin­ge daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhal­tung einer verbindlichen Volksabstimmung zu CETA für den Fall der Zustimmung des österreichischen Nationalrates zur CETA-Ratifizierung

 


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