Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll162. Sitzung / Seite 154

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Damals ist die kleine österreichische Volkswirtschaft mit 8 Millionen Einwohnern in den großen europäischen Markt eingetreten, der inzwischen 500 Millionen Einwohner um­fasst, und diese kleine Volkswirtschaft hat sehr davon profitiert.

Wenn Abgeordneter Klinger fragt: Wie haben die kleinen Leute davon profitiert?, dann sage ich Ihnen nur ein einziges Beispiel, das jeden Österreicher betrifft: das Telefonie­ren. Damals hat, als ich in Wien studiert habe, eine Minute Festnetztelefonat von Bre­genz nach Wien 6,67 Schilling gekostet, also 50 Cent. (Ironische Heiterkeit des Abg. Peter Wurm.) Heute wären Sie bei keinem Anbieter bereit, innerhalb von Österreich um 50 Cent zu telefonieren. Also da hat jeder profitiert. Auch wenn die Oma das Enkerl anruft, kommt es billiger als vor über zwanzig Jahren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Mit zweierlei Maß messen, das können Sie – das können die Freiheitlichen und das können auch die Grünen –, und es ist mir ein Genuss, diese beiden Parteien im selben Atemzug zu nennen. Den Hans Niessl würde ich auch noch mitnehmen; ich weiß nicht, ob Erwin Preiner da ein braver Diener seines burgenländischen Herrn ist.

Mit zweierlei Maß messen die Grünen und die Freiheitlichen, denn es gibt für sie of­fensichtlich – mein Kollege Schellhorn hat das schon ausgeführt – gute und böse Han­delsabkommen. Sepp Schellhorn hat einige Beispiele angeführt, mit welchem Land die Österreicher einen Vertrag haben. Fakt ist, dass wir erst im Oktober, und zwar am 13. Oktober, in diesem Haus ein EU-Partnerschaftsabkommen mit dem Irak abge­schlossen haben, und diesem Vertrag haben alle zugestimmt, auch die Freiheitlichen und bis auf zwei, drei Ausnahmen auch die Grünen. In diesem können Sie in Artikel 64 folgende die Bestimmungen über die Schiedsgerichte nachlesen, denen Sie zuge­stimmt haben. Also beim Irak ist es okay, aber bei Kanada ist es nicht okay. Das heißt, da wird mit zweierlei Maß gemessen. (Beifall bei den NEOS.)

Nicht von der Hand zu weisen ist natürlich die Tatsache, dass europäische Staaten in der Folge von Kanada oder von kanadischen Unternehmen bei Schiedsgerichten ge­klagt werden könnten – und umgekehrt!; das muss man natürlich auch immer dazusa­gen –, wenn ein EU-Mitgliedsland eine kanadische Firma ohne Entschädigung enteig­net oder diskriminiert. Aber das, was da oft kolportiert wird, nämlich die Klagen wegen entgangenen Gewinns, wäre völlig aussichtslos und ohne jede Chance auf Erfolg. Da von Sonderklagsrechten zu sprechen ist absurd. Auch andere, ähnliche Wortkonstruk­tionen sind an den Haaren herbeigezogen. Es gibt 60 Investitionsschutzabkommen der Republik Österreich mit anderen Ländern. Darin sind Schiedsgerichtssystematiken ent­halten, die sich international über viele Jahre bewährt haben. Und dieses System wur­de im Zuge der CETA-Verhandlungen auch noch weiterentwickelt, wie bereits ausge­führt wurde.

Dabei ist auch festzuhalten: Davon profitieren natürlich KMUs viel mehr als die bösen Großkonzerne, so wie es heute schon jemand formuliert hat. Weil große Konzerne um­fangreiche Rechtsabteilungen unterhalten, ist für diese ein solcher Prozess normales Tagesgeschäft, aber ein Mittelbetrieb, der das nicht hat, profitiert von solchen Abkom­men eigentlich mehr als diese. (Abg. Steinbichler: Das ist etwas ganz Neues!)

Was auch gern von den Propagandisten herangezogen wird, ist die Geschichte mit Ägypten und dem Mindestlohn. Angeblich hat ein Unternehmen den Staat Ägypten ge­klagt, weil die dort den Mindestlohn angehoben haben. Was aber ist dort tatsächlich pas­siert? – Die Firma Veolia hat im Rahmen eines Weltbankprojekts den Auftrag bekom­men, die Ausgasungen von Mülldeponien in der Nähe von Alexandria zu reduzieren. Das war ja in Wirklichkeit ein Klima- und Umweltschutzprojekt. Das Projekt war befristet und fertig kalkuliert. Aber nachdem die Vereinbarung abgeschlossen war, hat Ägypten die Mindestlöhne für diesen Bereich angehoben, und damit war die Kalkulation kaputt, und deswegen hat Veolia die Differenz eingeklagt. So ist das gelaufen! (Zwischenruf des


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