Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 39

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der SPÖ erreicht sein wird. Er hat damals, glaube ich, um eine Kiste Schnaps gewettet. Die 40-Prozent-Quote ist heute noch nicht erreicht, mehr als zehn Jahre später! Und die Kiste Schnaps hat Van der Bellen im Übrigen auch noch nicht bekommen, aber das nur am Rande. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schieder: Ihre Sorgen möchte ich ha­ben – der Schnaps von Van der Bellen!) – Nein, es geht dabei um die Vertretung von Frauen in Machtpositionen, Herr Kollege Schieder.

Es ist ein Armutszeugnis, wenn man sich die Lage in der Wirtschaft anschaut: Nicht ein­mal 4 Prozent der CEOs sind Frauen, es gibt nicht einmal 4 Prozent Frauen in wirt­schaftlichen Führungspositionen. Es ist schon bemerkenswert: Jetzt wird intensiv über den Mindestlohn und über die Auswirkungen des Mindestlohns auf Frauen diskutiert. Tatsache ist aber, dass jahrzehntelang auch die gewerkschaftlichen Vertretungen weg­geschaut haben, wenn es genau um diese Frauenbranchen gegangen ist. Das ist schon auch ein Versäumnis. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Pirklhuber: Das ist wichtig!)

Herr Bundeskanzler, Sie haben sozusagen ein neues Regierungsübereinkommen ver­handelt. Eigentlich ist eine Regierungsumbildung auch ein Anlass zur Diskussion über den Stand der Regierungsarbeit. Ich beginne trotzdem noch einmal mit der Frauenpoli­tik: In diesem Regierungsübereinkommen kommt Frauenpolitik de facto nicht vor. Der gesetzliche Mindestlohn wurde beiseitegeschoben, er wurde wiederum an eine Arbeits­gruppe delegiert, sozusagen auf den Sommer verschoben.

Sie sprechen von 1 500 €. Dagegen gibt es bereits Widerstand – Klammer auf: Ich ver­stehe, dass manche Branchen Schwierigkeiten dabei haben. Aber dann diskutieren wir auch über eine generelle Entlastung des Faktors Arbeit, auch für diese Betriebe! Das ist wichtig, vergessen wir das nicht! Trotzdem: 1 500 €, und man diskutiert über Über­gangsfristen bis zum Jahr 2025. – Es ist ein sozialpolitischer Kahlschlag, das so zu dis­kutieren! Das geht nicht. Wir brauchen diesen Mindestlohn jetzt und sofort. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Schieder und Gisela Wurm.) Es geht hier um über 400 000 Menschen, vor allem um Frauen.

Zur generellen Situation der Bundesregierung: An und für sich hätte ich erwartet – das war in der Vergangenheit auch immer so üblich –, dass es anlässlich einer Regierungs­umbildung eine gewisse Bilanz gibt. Das ist jetzt sehr kurz ausgefallen. Eine gewisse Ernüchterung hat sich bei uns schon eingestellt, das muss man sagen. Aus diesem Re­gierungsneustart ist ein Kaltstart geworden, vor allem auch, was die soziale Frage be­trifft.

Es gibt ein paar Themenbereiche, die uns große Sorgen bereiten. Einerseits ist das Ih­re neue Europaausrichtung. Es ist schon bemerkenswert: Wir beobachten da einen Kurs der Entsolidarisierung. Das sehen nicht nur wir, das – dieses Österreich zuerst – wird auch in der Öffentlichkeit kritisch kommentiert. Natürlich haben wir alle Interesse daran, dass es den Menschen, die in diesem Land leben, besser geht. Das ist über­haupt kei­ne Frage. Ich denke aber, dass wir auch alle erkannt haben, dass nur ein gemeinsa­mes Europa die großen Fragen auch wirklich lösen kann. Ich bin der Meinung, dass Kleinstaaterei zur Lösung der großen Probleme einfach nicht geeignet ist. Wenn Sie jetzt diesen Weg weitergehen und sukzessive auch an den Grundpfeilern der Europäi­schen Union, wie zum Beispiel an der Personenfreizügigkeit, rütteln wollen, ist das wirk­lich ein Problem. Wir haben die Grundpfeiler der Europäischen Union damals beim Bei­tritt de facto außer Streit gestellt, und wir haben uns vorgenommen, die großen Fragen auch in der EU zu lösen.

Wenn jetzt im Zusammenhang mit Arbeitsmarkt und Sozialunion, bei der sozialen Si­cherheit, von Sebastian Kurz als Europaminister ausgerufen wird, dass er eine neue Europäische Union, den Stopp der Sozialunion will, dann ist wirklich Alarmstufe Rot an­gesagt. Denn was spüren die Menschen von der Europäischen Union? – Sie spüren vor allem diese persönlichen Freiheiten, dass sie woanders studieren können, dass sie


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