Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 40

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woanders arbeiten können, dass sie Menschen aus anderen Ländern heiraten können und dann keine Probleme im Alltag haben. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.– Ich weiß, was Sie sagen wollen. Die Freiheitliche Partei hat sich ja mit denen zusammen­getan, die Europa in dieser Form zerstören wollen, das ist eindeutig. Ich möchte mich aber gerne an diejenigen wenden, die erkannt haben, dass die großen Probleme in die­sem Kontext gelöst werden müssen.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler: Welchen Kurs wollen Sie jetzt wirk­lich einschlagen? Was kommt als Nächstes? – Den Beschäftigungsbonus kann man dis­kutieren, aber es wäre auch ohne eine – unter Anführungszeichen – „Diskriminierung“ gegangen. Die Kürzung der Familienbeihilfe für Menschen aus anderen europäischen Ländern ist wirklich hinterfragenswert, auch, wenn man sich die Wirkung dieser Maß­nahme anschaut. Kommen als Nächstes unterschiedliche Krankenversicherungen, So­zialversicherungen? – Das ist mit Sicherheit der falsche Weg.

Ich sehe Ihren Ansatz vor allem im Bereich des Arbeitsmarkts, Sie wollen da etwas in Bewegung bringen. Das darf aber aus unserer Sicht nicht dazu führen, dass wir eine Entsolidarisierungsdiskussion beginnen. Wenn alle Staaten nationale Alleingänge, Na­tionalstaaterei betreiben, dann ist dieses europäische Projekt wirklich gefährdet. Und das ist schädlich für Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hätte mit Ihnen gerne noch etwas anderes diskutiert, das in diesem Arbeitsüberein­kommen, das – inhaltlich, das sage ich vorweg – auch unter Schwarz-Blau möglich ge­wesen wäre, enthalten ist. Es geht um die Verschärfungen im Menschenrechtsbereich, im Menschenrechts- und Asylbereich, im Fremdenrecht. Das ist die 34. Verschärfung, teilweise gibt es auch Tabubrüche, die nicht nachvollziehbar sind. Dass man jetzt tat­sächlich programmierte Obdachlosigkeit produziert, ist aus der Sicht der Gesellschaft wirklich hinterfragenswert. Bei allen Problemen in diesen Bereichen wollen wir als Ge­sellschaft, denke ich, keine Stigmatisierung von Menschen, egal, was mit ihnen vorher passiert ist. Diese Menschen müssen dann de facto im Mistkübel nach etwas Nahr­haftem suchen; das ist eine Stigmatisierung. Mit Ihrem Gesetzentwurf produzieren Sie wirklich programmierte Obdachlosigkeit, und das war immer ein Tabubruch. Es gibt zu Recht massiven Widerstand dagegen, und ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf noch entschärft wird.

Das sind Wege, die eigentlich erstaunlich sind. In den letzten Jahren wurde das Frem­denrecht 34 Mal verschärft, die Menschenrechtssituation verschärft. Die SPÖ hat im Üb­rigen immer mitgestimmt, auch in der Opposition. Ich frage mich auch in diesem Zu­sammenhang, in welche Richtung Sie weitergehen wollen. Dieses Regierungsüberein­kommen trägt im Wirtschafts- und Sozialbereich die Handschrift der ÖVP, und im Men­schenrechtsbereich sind einige Forderungen enthalten, die von der FPÖ stammen. Un­serer Meinung nach ist das für Österreich unterm Strich der falsche Weg.

Etwas möchte ich Ihnen gerne noch mitgeben: Das Regierungsübereinkommen gehört im Bereich der sozialen Sicherheit nachgeschärft und nachgebessert. Ich mache Ihnen auch ein Angebot: Wir versuchen seit Wochen, Gespräche zum Thema Mieten, zur sozialen Frage des Mietens, zum Mietrecht – aber nicht nur – zu führen. Ich denke, das ist eine der brennendsten sozialen Fragen, aber im Regierungsübereinkommen findet man dazu im Wesentlichen keinen einzigen Beistrich. Dieses soziale Thema die nächs­ten eineinhalb Jahre völlig auszuklammern geht einfach nicht. Bitte bessern wir da nach!

Ihnen, Frau Bundesministerin, noch einmal alles Gute! Auf gute Zusammenarbeit! – Dan­ke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

10.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


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