Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 112

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Schüssel hatte damals eigentlich keine blöde Idee, Schüssel hat nämlich Folgendes gesagt: Wir kaufen ein europäisches Produkt, weil wir auch die Verteidigung zukünftig in einem europäischen Kontext organisieren werden! Ursprünglich, Herr Minister Dos­kozil – und das waren meines Erachtens noch Ansätze von Mut und Aufrichtigkeit –, waren 30 Flugzeuge geplant, davon sechs Doppelsitzer, die für internationale Einsätze gedacht waren. Damals hat Wolfgang Schüssel Folgendes gesagt: Die Neutralität, wie wir sie heute leben, ist natürlich nicht dieselbe wie die von vor 20 Jahren! Wir müssen uns von alten Schablonen verabschieden! – Das war noch Mut! (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

Das war noch Mut, nämlich zu sagen: Wir müssen uns von alten Schablonen verab­schieden! Und heute haben wir einen jungen Europaminister, der ganz alte Politik macht. Da war Schüssel vor 20 Jahren wesentlich weiter. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kog­ler und Fekter.) Heute stellt sich ein Sebastian Kurz hin und sagt: „... die Neutralität ist Teil der österreichischen Seele.“ – Das reicht allemal für eine Schlagzeile im Boule­vard, aber von Mut, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist da nichts zu sehen, und Sie wissen es. Haben Sie ein schlechtes Gewissen, denn Sie wissen es! (Beifall bei den NEOS.)

Der erste Kollateralnutzen dieses Untersuchungsausschusses ist, dass der blinde Popu­lismus der ÖVP aufgedeckt wird. Sie von der ÖVP haben als Europapartei völlig den Faden verloren, Sie haben den Mut verloren, wirklich auch ehrliche Lösungen zu benen­nen und voranzutreiben. (Abg. Kogler: Es gibt auch einen Karl-Heinz Grasser der Au­ßenpolitik!) – Es gibt einen Karl-Heinz Grasser der Außenpolitik, so ist es! (Zwischen­rufe bei den Grünen.) – Sie haben aber alle sofort gewusst, wen ich meine, gell? Das ist erstaunlich. Ich denke, darüber werden wir diskutieren müssen, denn: Was sind die Vorstellungen des Herrn Verteidigungsministers darüber, wie wir zukünftig den Luft­raum überwachen? Ich möchte das diskutieren, Herr Verteidigungsminister. Ich möchte nicht, dass jede Woche eine andere Kuh durchs Dorf gejagt wird, um ja eine Schlagzei­le zu haben, aber die Lösungen für das Land und für die Menschen völlig auf der Stre­cke bleiben.

Die Ankündigungspolitik, in der sie sich beide überschlagen, hält ja niemand mehr aus: Herr Kurz macht einen Vorschlag und eine eigene Vorbereitung des EU-Ratsvorsitzes, und Herr Kern macht auch eine eigene Vorbereitung und Plan E. Das ist völlig verant­wortungslos! Wir haben den EU-Ratsvorsitz zwei Mal in einer Generation, und das sind großartige Gelegenheiten, wodurch wir die Zukunft dieses Kontinents mitbeeinflussen könnten, wenn wir zu mutigen Vorschlägen kämen. Sie aber machen nicht einmal den Versuch, sondern Sie opfern die Vorschläge für die Zukunft dieses Kontinents partei­politischer Taktik: Klein-Klein statt ehrliche Lösungen, nationaler Populismus statt euro­päische Einigungsidee! – Weit sind wir gekommen mit den Mehrheitsparteien hier in die­sem Parlament!

Noch einmal, Herr Minister Doskozil: Wir wissen, die Zukunft des europäischen Luftrau­mes ist natürlich Gemeinsamkeit, ist der Single European Sky.

Wir werden, wenn es gut läuft, keinen Fleckerlteppich am Himmel haben, wenn es schlecht läuft, werden wir den Stacheldraht, den Sie jetzt um 28 EU-Mitgliedsländer spannen wollen, auch am Himmel spannen müssen. Das ist besonders schwer, weil Dü­senflugzeuge sich schon damit schwertun, eine Kurve über Vorarlberg zu drehen, wenn dann noch 28 Länder in der Luft einen Stacheldrahtzaun haben, wird sich das mit der Überwachung nicht mehr ganz ausgehen.

Es ist verantwortungslos gegenüber den jungen Menschen in diesem Land, weil wir im Jahr 2045 in einem Kontext leben werden, in dem beim Treffen der G-8 kein europäi­sches Land mehr am Tisch sitzen wird. Nach heutigem Wissen – und Sie alle kennen diese Projektionen – wird Deutschland den Löffel an Mexiko abgegeben haben, Frank­reich an Indonesien und Großbritannien an Brasilien; es wird Russland am Tisch sit-


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