Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 150

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tionsbedingten Effekte der tatsächlichen kalten Progression abzugelten. Ich habe da ein bisschen herausgehört, dass es auch darum geht, die realen Effekte von pro­gressiven Steuersystemen abzugelten. – Das kann es ja nicht sein, da würden wir uns ja von einem progressiven Steuertarif verabschieden! (Abg. Strolz: Nein, nein! Das haben wir sogar in unserem Programm!) Das wäre sozusagen ein Abschied vom Leistungsfähigkeitsprinzip, und das kann offensichtlich nicht gemeint sein. – Na gut.

In einem Punkt bin ich Ihnen dankbar, Herr Finanzminister, nämlich dass Sie darauf hingewiesen haben, dass die Steuerreform 2015/2016 in Summe zu einer Überkom­pensation jener zusätzlichen Belastungen geführt hat, die sich seit 2009 aus der kalten Progression ergeben haben. Die Verteilung, auf die ich später noch zu sprechen kommen werde, ist eine andere Sache.

Das kann man ganz einfach feststellen, indem man sich die gesamte Lohnsteuerquote anschaut: Ja, die war Ende 2015 sehr hoch, sie ist auch seit 2009 stetig gewachsen, war eine der höchsten. Sie ist aber im Jahr 2016 dramatisch gesunken. Das Ganze kann man einem Wifo-Monatsbericht von Mai 2015 entnehmen, da ist eine schöne Kurve drinnen. Man sieht, dass die Lohnsteuerquote 2016 unter dem Niveau vom Ende der 1990er-Jahre liegt. Das heißt, dass diese Lohnsteuerentlastung in Höhe von jährlich 5 Milliarden € – der Finanzminister hat es gesagt – in der Tat zu einer Über­kompensation führt.

Das ist wichtig, weil in Österreich auch Studien Furore gemacht haben, die sagen, dass es diese Überkompensation nicht gebe, sondern dass die kalte Progression der letzten Jahre durch diese Steuerentlastung nur zum Teil abgegolten worden sei. Auch von einigen Oppositionsparteien, auch von den NEOS wird das immer wieder behaup­tet. Diese Studie, von der ich spreche – man findet sie auch in der Kurzstudie des Budgetdienstes, dem ich den Auftrag gegeben habe, alle österreichischen Studien in Österreich zusammenzufassen –, diese Studie ist wenig plausibel, das steht auch im erwähnten Monatsbericht. Herr Finanzminister, daher bin ich ganz bei Ihnen, wenn Sie auf die Überkompensation hinweisen.

Das ist aber jetzt noch keine Antwort auf die Frage, ob man die kalte Progression tatsächlich abgelten soll oder nicht. – Ja, natürlich soll man die kalte Progression abgelten! Das ist ja keine Frage. Dafür gibt es verschiedene Begründungen. Es gibt eine makroökonomische Begründung: Die Entwicklung der real verfügbaren Einkom­men soll möglichst stetig erfolgen. Das macht durchaus Sinn.

Es ist aber auch so, dass die kalte Progression verteilungspolitische Konsequenzen hat. Da möchte ich Ihnen schon widersprechen, Herr Finanzminister: Sie haben heute im „Morgenjournal“ gesagt, die kalte Progression eigne sich nicht für verteilungs­politische Maßnahmen. – Die kalte Progression per se hat aber verteilungspolitische Konsequenzen, und daher muss auch die Beseitigung der kalten Progression etwas sein, das mit Verteilungspolitik zu tun hat. Das ist doch ganz klar. (Beifall bei den Grünen.)

Daher stellt sich für mich schon die Frage, wie die kalte Progression tatsächlich be­seitigt werden soll. Ich möchte damit beginnen, dass Sie, Herr Finanzminister, ja ur­sprünglich ein anderes Modell vorgeschlagen haben, nämlich dass ab einer Schranke von 5 Prozent die durchschnittliche Inflationsrate herangezogen werden soll, um die kalte Progression abzugelten.

Es gibt aber eine Studie des Ineq-Instituts, das sich mit Ungleichheiten von Steuern und Steuersystemen beschäftigt. Dieses Institut hat uns klipp und klar vorgerechnet, dass aufgrund der Tatsache, dass untere Einkommen einen ganz anderen Warenkorb und eine ganz andere Ausgabenstruktur haben als obere Einkommen, die durch­schnittliche Inflationsrate für die Abgeltung der kalten Progression nicht geeignet ist.


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