Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 151

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Warum ist sie nicht geeignet? – Na ja, die unteren Einkommen sind in der Tat stärker durch jene Preistreiber betroffen, die wir Monat für Monat in der Inflationsentwicklung sehen: die Preise für Nahrungsmittel, die Preise für Wohnen und die Preise für Energie. Nun sind es einmal die unteren Einkommensempfänger, die von diesen Aus­gaben relativ stärker belastet sind als die oberen Einkommensempfänger; die haben nämlich eine ganz andere Ausgabenstruktur, die haben beispielsweise deutlich höhere Ausgaben für Freizeit, Kultur, Mobilität und andere Dinge.

Schauen wir uns die Vergangenheit seit 2009 an: Wenn man die durchschnittliche Inflationsrate als Maßstab für die Abgeltung nähme, so würde das dazu führen, dass die untere Einkommenshälfte unterkompensiert und die obere Einkommenshälfte überkompensiert würde – und das kann es ja nicht sein, dass man durch die Abgeltung der kalten Progression eine Umverteilung von unten nach oben macht und die Schere zwischen Arm und Reich ... (Bundesminister Schelling: Nur wenn Sie die Transfers nicht mitrechnen!) – Lassen wir einmal die Transfers außen vor! (Bundesminister Schelling: Wieso?!) – Ich komme noch darauf zurück. Im Übrigen ist es ja so, dass die Transfers ja auch von der Inflationsrate betroffen sind. Wenn nämlich die Transfers nicht an die steigenden Preise angepasst werden, bedeutet das natürlich, dass die Transfers an die unteren Einkommen, die Sie immer meinen, immer weniger wert werden. Da müsste man dann auch darüber reden, dass wir nicht nur die kalte Pro­gression im Steuersystem abgelten, sondern auch bei den Transfers eine auto­matische Anpassung machen; dann könnte ich Ihnen folgen, Herr Finanzminister, aber sonst kann ich das leider nicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

So kommt es zu einer Auseinanderentwicklung der Schere zwischen oberen Ein­kommen und unteren Einkommen, und das vor dem Hintergrund, dass wir eine Steuer­entlastung haben, bei der 80 Prozent dieser 5 Milliarden € an die obere Einkom­menshälfte und nur 20 Prozent an die untere Einkommenshälfte gegangen sind. Das habe ich ja vorher gemeint. (Bundesminister Schelling: Weil die untere gar keine Lohnsteuer zahlt!– Ich komme gleich darauf zurück. – Eine Überkompensation ist ja gut und schön, aber man muss sich auch genau anschauen, welche Einkommen überkompensiert werden. Das ist doch die entscheidende Frage.

Die unteren Einkommen zahlen keine Lohn- und Einkommensteuer: Das ist ja schön und gut, Herr Finanzminister, ich hätte aber schon gerne eine Gesamtbetrachtung. Die unteren Einkommen zahlen natürlich wie alle anderen auch Verbrauchsteuern und Sozialversicherungsbeiträge (Abg. Kogler: Relativ höher!), und die Sozialversiche­rungsbeiträge und die Verbrauchsteuern belasten die unteren Einkommen relativ stär­ker als die oberen. An dieser Tatsache kommen Sie nicht vorbei. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Unser Steuersystem ist ja im Wesentlichen proportional, das zeigt doch die Ver­teilungsstudie des Wirtschaftsforschungsinstituts. Das sollten Sie sich einmal an­schauen, bevor Sie sich hier herausstellen und etwas behaupten, das nicht stimmt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kogler: Das ist eine Frage der Volksschul­mathe­matik! – Abg. Tamandl: Ich bin voll dafür, dass wir uns die Sozialabgaben anschauen!)

Schauen Sie sich einmal anhand des Einkommensberichts an, wie die Entwicklung der Einkommen gewesen ist! Die unteren Einkommen bleiben real deutlich hinter den oberen Einkommen zurück, und das muss man bei der Gestaltung eines Steuer- und Transfersystems und bei der kalten Progression natürlich berücksichtigen. Nur so kann man zu einer Lösung kommen, die in der Tat verteilungsgerecht ist, und das wollen wir ja. Das wollen wir insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eben die unteren Einkommen in ihrer realen Entwicklung so stark zurückgeblieben sind. Werfen Sie bitte einen Blick in den Einkommensbericht, der uns vor wenigen Monaten zugestellt wurde!

 


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