Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 161

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Wenn ich der Meinung bin, das Gebilde, wie die Progression verläuft, steht sowieso noch nicht richtig, kann man natürlich, wenn man die kalte Progression abschaffen will – die Manövriermassen verschwinden ja zukünftig –, anlässlich dieser Revision schauen, dass man die Tarife näher dorthin bringt, wo man sie haben will. Deshalb gibt es ja auch die Vorschläge: unten mehr – auch da ist das drinnen, das will ich gar nicht absprechen – und oben weniger, und wie das halt alles verlaufen ist. Ich will mich da gar nicht mehr weiter vertiefen, aber insgesamt habe ich schon ein Faible dafür, dass diese Betrachtungsweise die zutreffendere ist, denn – und da kommen wir zur Grund­frage –: Gehen wir einmal durch, was im Lohn- und Einkommensektor und auch steuerlich ... (Abg. Tamandl: Man muss alles sehen!) – Das ist natürlich ein berech­tigter Zwischenruf, man muss alles sehen; aber dann wirklich alles, auch die Trans­fersysteme, wie die Ökonomen gerne sagen, also die Sozialleistungen und alles an­dere. Schauen wir uns das an!

Nun zur Entwicklung der Bruttolöhne ohne steuerliche Korrekturen: Diese Daten sind nicht nur von den einzelnen Wirtschaftsinstituten; wir kriegen sie von der Statistik Austria hier ins Haus, zusammengefasst in den Rechnungshofberichten. Wenn man die analysiert, dann wird man draufkommen – das ist ja an anderer Stelle immer die Grundlage der Debatte –, dass die Bruttolohnentwicklung bei den unteren Einkommen, bei den unteren 10 Prozent seit 20 Jahren schon, aber mittlerweile schon bei fast einem Drittel, stagniert beziehungsweise zurückgeht, wenn wir sie inflationsbereinigen und auf Vollzeitäquivalente umlegen, sonst macht das ja wenig Sinn.

Das ist natürlich eine Entwicklung, die nicht günstig ist, wenn man überhaupt schon meint, dass die primäre Verteilungssituation nicht gut ist. Man darf das auch ideolo­gisch ganz anders betrachten, das ist aber nicht meine Aufgabe; das müssen die Leute, die das vertreten, selber sagen. Ich finde, das ist in hohem Maße ungerecht. Ein unregulierter Markt erzeugt das eben. Im Übrigen ist es so: Wenn wir überhaupt keine korrigierenden Eingriffe über Steuern und Progression oder über Transfersysteme hätten, hat das – um das zu begreifen, muss man kein Marxist sein – einen tenden­ziellen Bias nach unten; gerade so weit, wie der alte Marx schon gesagt hat, bis das Subsistenzniveau erreicht wird.

In politisch gescheiten Unternehmerkreisen wird das eh schon anders gesehen. Es gab im 20. Jahrhundert auch eine Bewegung, dass auch Liberalere, aber auch Unter­nehmervertreter gesagt haben, das müsse viel mehr sein, damit sich das Lohnniveau ein bisschen hebt, die müssen viel mehr haben, dann gibt es nämlich eher sozialen Frieden. Grundsätzlich, rein analytisch, kann das aber immer weiter nach unten gehen, das ist halt das Machtverhältnis. Ich bekämpfe nicht die Marktwirtschaft, das sind halt kapitalistische Machtverhältnisse – deshalb gibt es ja Eingriffe über das Steuersystem, deshalb gibt es ja Sozialtransfers.

Auch wenn das derart schräg ist und immer schräger wird, ist das, jedenfalls aus den Blickwinkeln, die ich hier vermuten würde – wir vertreten das ja offensiv, wir sind ja da mit den Sozialdemokraten in einem gewissen Wettkampf darüber, was überhaupt das gerechtere System ist; dort wird nämlich sehr oft links geblinkt und rechts abgebogen, das sieht man ja öfter, das wird auch unter dem neuen Kanzler nicht viel besser werden, nur dass er es halt auf noch höherem schauspielerischem Niveau schafft als seine Vorgänger –, ist das grundsätzlich die Zugangsweise. (Abg. Rädler: Ui! Inszenierung! 95 Prozent Inszenierung! – Abg. Krainer: Wir halten unsere Jugend­orga­nisation seit 120 Jahren aus!)

Jetzt können wir betreffend das Steuersystem Folgendes festhalten: Es bleibt im Wesentlichen nur die Lohn- und Einkommensteuer, bei der man diese Progression hineinlegen kann. Das gesamte Steuersystem wirkt eben nicht umverteilend, erst die Sozialabgaben – das ja, und das darf man ruhig mit anschauen –, aber das Steuer-


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