Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 169

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Ich sage Ihnen auch warum: Die Lohnerhöhungen und die Pensionserhöhungen sind brutto, meine Herren, die Inflation ist netto. Oder setzen Sie Ihren wöchentlichen Einkauf von der Steuer ab? (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Dann müssen Sie es mir sagen, dann habe ich etwas vergessen.

Die Nettoanpassung bei den Pensionisten liegt im Schnitt bei etwa 0,6 Prozent. Nimmt man den Pensionistenpreisindex her, der im letzten Jahr bei 1,2 Prozent gelegen ist, dann heißt das: Alle Pensionisten in Österreich – wir sprechen dabei von über 2,3 Mil­lionen – hatten im letzten Jahr einen Kaufkraftverlust von 0,6 Prozent. So geht das Jahr für Jahr, und so gesehen haben die Pensionisten seit Jahren einen ständigen Kaufkraftverlust. – Das zum einen.

Jetzt komme ich zum Thema kalte Progression: Herr Finanzminister, die Agenda Austria hat errechnet, dass Sie innerhalb einer Legislaturperiode, also in 5 Jahren, jedem Erwerbstätigen 1 000 € wegnehmen. Jetzt möchte ich das nicht wie Kollege Strolz mit einem Einbruchdiebstahl vergleichen, denn ein Einbruchdiebstahl ist eine ungesetzliche Tätigkeit. Sie begehen Jahr für Jahr einen gesetzlich gedeckten Dieb­stahl an den Erwerbstätigen. Das ist der Unterschied zum Einschleichdiebstahl (Abg. Vetter: Kein Diebstahl ist gesetzlich gedeckt!), aber es ändert nichts daran, dass den Leuten das Geld fehlt. (Bundesminister Schelling: ... Selbstanzeige?!)

Die Agenda Austria errechnet weiter, dass Sie im Jahr 2017 allein durch die kalte Progression bei den Arbeitern und Pensionisten mit Mehreinnahmen von 400 Millio­nen € rechnen und sich darüber freuen können. Sie als zuständiger Finanzminister sind ja nicht der Einzige, der von dieser kalten Progression profitiert – mein Kollege Roman Haider hat das kurz gestreift –, sondern es profitieren natürlich auch die Kammern. Die Wirtschaftskammer berechnet die Kammerumlage 2 nach den Brutto­lohneinnahmen, das heißt also, das ist eine lohnsummenmäßige Erfassung. Natürlich werden auch die Mitgliedsbeiträge für die Arbeiterkammer an der Bruttolohnsumme berechnet.

Jetzt kann es aber passieren, dass der Arbeitnehmer zwar mehr Mitgliedsbeitrag an die Arbeiterkammer und der Unternehmer mehr an die Wirtschaftskammer zahlt, aber der Arbeitnehmer unterm Strich – wenn er Pech hat und in eine andere Steuergruppe fällt  weniger herausbekommt. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das ist eine Tat­sache.

Wenn wir jetzt bei der Wirtschaftskammer bleiben: Allein in den letzten 5 Jahren hat die Wirtschaftskammer Österreich durch diese Lohnsteigerungen um 15 Millionen € mehr eingenommen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.) In den letzten 10 Jahren sind die Einnahmen aus der Kammerumlage 2 aufgrund höherer Löhne – teilweise auch aufgrund höherer Beschäftigung, aber vor allen Dingen auf­grund höherer Löhne – um 30 Prozent gestiegen.

Es stellt sich ein gewisser Wirtschaftskammerpräsident Leitl hin, verkündet eine großartige Kammerreform und sagt allen Mitgliedern: Ich verlange in Zukunft bei der Kammerumlage 2 um 5 Prozent weniger. – Das heißt, dass er von den 30 Prozent, die er in den letzten Jahren weggenommen hat, 5 Prozent zurückgibt. Jetzt frage ich die Wirtschaftsbundvertreter der ÖVP – leider ist der Kollege Haubner nicht da –: Was soll das? Von einer Reform zu sprechen und dann 5 Prozent als Almosen weniger zu verlangen, hat mit einer Reform gar nichts zu tun. (Beifall bei der FPÖ.) Eine Reform ist ein Eingriff in generelle Strukturen, eine Änderung in den Abläufen.

Wenn die Bundesregierung in den nächsten Jahren so arbeitet, wie es die Kammer vorhat: Na dann, viel Vergnügen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.26

 


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