Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 53

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Und dann stehen diese Kinder, die es geschafft haben, die Zentralmatura zu machen, Mathematik bei der Zentralmatura zu bestehen, für die die Eltern irrsinnig viel investiert haben, mit denen die Eltern mitgelernt haben – es gibt den berühmten Satz: Wir haben jetzt die Zentralmatura geschafft!, nämlich „wir“ als de facto die halbe Familie –, vor den Universitäten, und bei vielen Universitäten de facto vor verschlossenen Türen.

Wir haben mittlerweile Zugangsbeschränkungen – bei Medizin sowieso flächen­deckend –, unterschiedlichste Beschränkungen – ob das jetzt bei Architektur, Raum­pla­nung, bei Biologie, Ernährungswissenschaften, Informatik an der TU Wien, bei insgesamt sieben betriebswirtschaftlichen Studien ist –, die allesamt de facto erwünscht wären, weil man gewisse Dominoeffekte einfach nicht leugnen kann – in der Medizin ist es so.

Über diese Eignungstests muss man schon auch einmal diskutieren, denn die sind wahnsinnig teuer, sind auch für die Betroffenen enorm ressourcenintensiv, da muss auch wieder Geld in die Hand genommen werden, teilweise über 1 000 € für die Vor­bereitung, und dann ist das eine Eignung, die noch nichts darüber aussagt, ob man für diesen Beruf tatsächlich geeignet ist – dafür macht man ja erst diese Ausbildung.

Für diese Beschränkungen und wenn Sie von Studienplatzfinanzierung sprechen und das unter dem Strich heißt, weniger Plätze, und nicht, mehr Mittel, haben Sie uns nicht als Verbündete. Wenn Studienplatzfinanzierung heißt, mehr Mittel (Zwischen­bemer­kung von Vizekanzler Mitterlehner) und freier Zugang – tatsächlich mehr Mittel; wir haben schon öfter Ankündigungen gehört, deshalb bin ich ein bisschen vorsichtig –, dann haben Sie unsere Unterstützung, dann sind wir durchaus offen in dieser Frage.

Diskutieren wir aber trotzdem über die sozialen Rahmenbedingungen, denn das ist nach wie vor der Schlüssel, ob junge Leute ihre Bildungschancen auch tatsächlich wahrnehmen können oder nicht. Zwei Drittel der Studierenden arbeiten, und zwar in der Regel 20 Stunden, das ist ein Teilzeitjob. Und ich frage mich, wie man das schaffen kann, wenn man vielleicht schon eine Familie gegründet hat oder wenn man diese 20 Stunden teilweise blocken muss – wenn man zum Beispiel in einer Auto­bahnraststätte arbeitet, in der Gastronomie arbeitet –, denn dann hat man überhaupt keine Phasen, in denen man sich erholen kann. Das sind Menschen, die eine Zwei­fach- bis Dreifachbelastung haben. Und genau die sozial Schwachen, wie Sie es richtig gesagt haben, Herr Kollege Töchterle, haben dann nicht den langen Atem, auch wirk­lich durchzuhalten.

Schauen wir uns die sozialen Rahmenbedingungen an: Während im Jahr 2009 von zehn Studierenden noch zwei Studienbeihilfe erhalten haben, ist es jetzt von zehn Studierenden nur mehr eine einzige Person.

Die Studierenden haben rundherum Stress. Jemand, der von Niederösterreich oder von Graz oder von Kärnten zum Studium nach Wien geht und eine Wohnung sucht, begegnet galoppierenden Mietkosten, den Schwierigkeiten, dass ihm die Makler zwei bis drei Monatsmieten abknöpfen und er ein paar Tausend Euro de facto auf der Seite haben muss. Das sind die Rahmenbedingungen, die in unserem Bildungssystem nach wie vor noch die soziale Ungleichheit sozusagen produzieren. Da reicht es nicht, neue Finanzierungsmodelle für die Uni zu überlegen, sondern da müssen wir uns insgesamt die soziale Lage von Studierenden und deren Familien anschauen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist nach wie vor noch so, dass am Ende, was die wirklichen Absolventinnen und Absolventen betrifft, diejenigen durchgehalten und es geschafft haben, die aus bildungs­nahen Familien kommen beziehungsweise aus Familien, die bessere soziale beziehungsweise finanzielle Ressourcen haben.

 


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