Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 87

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

sozialen Grundwerten zumindest gleichwertig die Marktfreiheiten betrachtet werden. Wenn uns das gelingt – und das ist eine Chance, die jetzt mit der Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung Europas im Zuge der Brexit-Verhandlungen gegeben ist –, wenn es uns gelingt, ein soziales Europa zu schaffen, den Standort Europa zu stärken und die europäische Außenpolitik voranzubringen, dann glaube ich, dass Europa in Zukunft in der Lage sein wird, die Antworten auf die Probleme, die sich stellen, zu geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

11.45


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


11.45.32

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Der Sondergipfel am Samstag soll die Leitlinien für die sehr schwierigen Verhandlungspro­zesse festlegen. Ich möchte noch einmal betonen, was für uns dabei Priorität hat.

Es ist natürlich die wirtschaftliche Frage zentral zu beleuchten, es wird ja die zweit­größte Volkswirtschaft aus der Europäischen Union austreten, was für Unternehmen viele Unsicherheiten bedeutet. Von zentraler Bedeutung ist vor allem aber auch die Situation der Bürgerinnen und Bürger, nämlich auf beiden Seiten: Die Britinnen und Briten in den europäischen Ländern, in den Mitgliedsländern, brauchen Sicherheit, aber auch die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in Großbritannien; die dürfen nicht zum Faustpfand in den Verhandlungen werden, sondern es geht letztendlich um diese Menschen, auf beiden Seiten der Grenze.

Die historische Tragweite ist natürlich von großer Dimension, aber die europapolitische ist, wie ich meine, noch viel relevanter – vor allem die Frage, wie es zu diesem Brexit gekommen ist –; und da ist es lohnend, noch einmal genau hinzuschauen und darüber zu diskutieren, was dort tatsächlich passiert ist.

Es war mit Sicherheit eine Scharfmacherei, es war ein populistisches Vorgehen gegen europäische Institutionen, es wurde mit Lügen gearbeitet, Lügen von Politikern, die sich dann sehr schnell aus dem Staub gemacht haben, inklusive dem Boulevard. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz. – Abg. Kogler: Richtig!)

Deswegen ist der Ausgang des Referendums nicht nur ein Ausdruck der Unzu­friedenheit angesichts vieler Probleme, die in Großbritannien auch hausgemacht sind, muss man dazusagen – Stichworte: soziale Ungleichheit, fehlende Sozialpolitik et ce­tera –, sondern er ist vor allem auch eine Warnung vor dem Zündeln mit Europa­feind­lichkeit, dem Zündeln mit Rechtspopulismus, dem Angstmachen vor Menschen aus anderen Ländern, dem Angstmachen vor EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern, die bei uns jetzt in der Sprache auch zu Ausländerinnen und Ausländern geworden sind, und auch vor dem Angstmachen vor Flüchtlingen. Das war die ganz dominante Diskus­sions­grundlage dafür, dass es in Großbritannien überhaupt so weit gekommen ist.

Und deswegen ist es auch ein Weckruf an uns alle! Bei aller berechtigten Kritik an der Europäischen Union, an der wirtschaftlichen Ausrichtung, an der Frage, welche Han­delsabkommen abgeschlossen werden, an der Art und Weise, wie die Europäische Union mit der Krise umgegangen ist, welche Schritte sie danach gesetzt hat, soll das für uns alle auch ein Weckruf sein, das grundsätzliche Bekenntnis zur Europäischen Union und zu den europäischen Institutionen nicht in Frage zu stellen und uns nicht an dieser Scharfmacherei zu beteiligen, wie es einige auch in Österreich machen. (Beifall bei den Grünen.)

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite