Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 105

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Schulzens, das ist doch die EU Ihrer Verbündeten, das ist doch die EU, in der der neue Messias der Sozialdemokratie in Deutschland über viele, viele Jahre segensreich gewirkt hat. Meinen Sie das? Dieser EU sollen Sie kritisch gegenüber gestanden sein? – Bitte, Herr Bundeskanzler, schmücken Sie sich nicht mit Federn, die Ihnen nicht zustehen, das wäre doch zu viel des Lobes! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Ich würde gerne einmal mit Ihnen hier zusammenkommen, wenn es um etwas Kon­kretes geht. Brexit ja, darüber können wir diskutieren. Vielleicht haben wir das nächste Mal Gelegenheit, Sie werden auf europäischer Ebene sicher Dampf machen, den Türxit voranzutreiben – und wenn ich Türxit sage, dann meine ich das Begräbnis, die Enderledigung dieser völlig sinnlosen Beitrittsgespräche, die Sie immer wieder unter der Tuchent weiterführen. Was brauchen Sie eigentlich noch, um diesem Treiben ein Ende zu setzen? Wie lange wollen Sie sich eigentlich noch von diesem Möchtegern­sultan jenseits des Bosporus erpressen lassen? Was braucht es denn noch, bis Sie sich endlich dazu durchringen können, diesem Treiben ein Ende zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage es deshalb hier in diesem Zusammenhang, weil ich nämlich denke, dass die Härte, die Sie in diesen angehenden Verhandlungen gegenüber den Briten an den Tag legen, dort weniger angebracht wäre, als eine harte Linie gegenüber den Türken zu fahren, von denen Sie sich auf der Nase herumtanzen lassen. Da sollten Sie einmal Ihre Strategie insgesamt überdenken (Beifall bei der FPÖ), denn da reden wir von offenen Türen, da reden wir von Brücken, die nicht abgebrochen werden sollen, wäh­rend Sie gleichzeitig den Briten mit dem Stellwagen ins Gesicht fahren wollen, um ein Exempel zu statuieren, damit so etwas ja nie mehr passiert und es niemand mehr wagt, sich in einer direktdemokratischen Abstimmung gegen diese Europäische Union auszusprechen. (Abg. Kogler: Nicht den Türken! ... Erdoğan-Regime, da haben 50 Pro­zent dagegengestimmt!)

Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, ich kann Ihnen nicht helfen. Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen, das waren schon Sie selbst, der sich in eine Situation hineinmanövriert hat, aus der Sie jetzt nicht mehr loskommen. Sie selbst haben gesagt, dass Ihre Politik zu 95 Prozent aus Inszenierung und zu 5 Prozent aus Inhalten besteht, das haben ja Sie gesagt. Sie haben uns damit natürlich den Interpretationsschlüssel für alles, was Sie hier treiben, geliefert, für Ihr ganzes Tun, für Ihre Unterlassungen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dietrich und Loacker.)

Das war ein Outing, das Sie uns hier geliefert haben, und das werden Sie auch nicht mehr los, und jetzt müssen Sie es sich eben gefallen lassen, dass wir Sie an diesem Maßstab tatsächlich messen. Sie haben sich als Schauspieler geoutet, jedoch nicht als Charakterdarsteller. Wir haben es vor einigen Tagen gesehen, das geht eher ins seichte Fach, Hauptdarsteller in einem D-Movie über einen Pizzazusteller, wie auch immer; auf jeden Fall ein Schauspieler, und daran werden Sie gemessen werden. (Oh-Rufe bei der FPÖ in Richtung des die Regierungsbank verlassenden Bundes­kanzlers Kern. – Rufe bei der FPÖ: Jetzt geht er! Jetzt ist er beleidigt!)

Das passt ja auch mit den Dingen zusammen, die Sie betreiben: Dauerwahlkampf ist Ihr einziges Programm, an einer inhaltlichen Lösung sind Sie überhaupt nicht inter­essiert. Sie müssen nur Ihre Wahlkampfmaschinerie so lange betreiben, bis es endlich so weit ist, aber da fehlt Ihnen der Mumm, den Frau May in Großbritannien hat, näm­lich sich hinzustellen und zu sagen: Wenn nichts mehr geht, na gut, dann lösen wir auf und wählen neu! (Abg. Kogler: Obwohl Sie vorher das Gegenteil versprochen haben!) Diesen Mumm haben Sie nicht, und das ist das Dilemma in der ganzen Angelegenheit, und so zieht sich dieses ganze Theater in immer neuen Varianten jetzt schon über


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