Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 108

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Gefühl habe ich – damit weggenommen wird. Wir alle haben Freunde in Großbritan­nien, ich selbst habe englische Literatur studiert, wir sind mit der englischen Kultur sehr vertraut. Es geht uns da ein Stück verloren. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) So sehr wir das auch bedauern, so sehr uns der Brexit auch treffen mag, ich glaube, am schwersten wird er wohl letztendlich die Briten selbst treffen.

Bereits das vergangene Jahr hat gezeigt, wie tief die Risse sind, die es in der briti­schen Gesellschaft gibt, und besonders besorgniserregend finde ich die Lügen- und Hetzkampagnen, die im Mutterland der politischen Debatten Einzug gehalten haben, nicht nur gegen EU- und andere Länder, sondern auch innerhalb Großbritanniens selbst; Richter werden von Zeitungen zu Volksfeinden abgestempelt. Ich hoffe also sehr, dass es den Briten gelingt, diese gesellschaftlichen Risse zu kitten und sich auf ihre demokratischen Stärken zu besinnen, denn trotz des Brexits sind die Briten eben­so auf eine starke EU angewiesen, wie auch wir ein stabiles und handlungsfähiges Vereinigtes Königreich als Partner brauchen.

Die EU sollte sich daher nicht von den extremen Brexit-Befürwortern und auch nicht von den Rachsüchtigen in Politik und Presse provozieren lassen. Ich glaube, die oberste Maxime muss sein, in den Verhandlungen Ruhe zu bewahren. Wir wollen ja nicht die Briten abstrafen, denn davon hätten wir letztendlich nichts.

Wir wollen und wir brauchen weiterhin eine enge, vertrauensvolle und konstruktive Partnerschaft. Das ist gut für die Briten, aber auch gut für uns. Machen wir uns aber nichts vor: Das Verhandlungsergebnis wird in jedem Fall für beide Seiten schlechter sein als die Beziehungen, die wir als Partner innerhalb der EU hatten. Eines muss auch klar sein – und das wurde heute schon öfter gesagt –: Eine Rosinenpickerei wird es für die Briten nicht geben. Die Rechte und Vorteile des Binnenmarkts können letztendlich nur die nutzen, die auch die Kosten und Pflichten akzeptieren. Selbst­verständlich müssen die Briten auch selbst die Rechnung zahlen, wenn sie den Tisch verlassen, die Verpflichtungen von 60 Millionen € sind natürlich zu erfüllen. (Abg. Kickl: Die Griechen lassen anschreiben!)

Wichtig ist zunächst, nicht die Sicherheit und das Leben der Bürgerinnen und Bürger aufs Spiel zu setzen. Als erster Punkt müssten die Aufenthaltsberechtigungen der rund drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien – darunter sind 25 000 Österreicherinnen und Österreicher – und auch der zahlreichen Briten in der EU geschützt werden. Es muss eine Erklärung zum Schutz dieser Menschen geben, sie brauchen Aufent­haltsrechte und besondere Rechte.

Noch wichtiger als die zukünftigen Beziehungen zu den Briten ist die Frage unserer Beziehungen innerhalb der EU. Wir haben den Brexit – und das habe ich schon gesagt – nicht nur den dreisten Verdrehungen von Nigel Farage und dem rein innenpolitisch motivierten Spiel von Boris Johnson zu verdanken, denn viele Briten und damit sind sie in Europa nicht alleine, haben auch das Vertrauen verloren, dass das gemeinsame Europa ihr Leben verbessert und sie vor den negativen Auswüchsen der Globalisierung schützt. Genau da müssen wir ansetzen, das heißt: Schluss mit Steuerflucht und Steuerdumping, Schluss mit dem vielfachen Sozialdumping!

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort – dieses soziale Prinzip muss in der EU endlich durchgesetzt werden. Die Erklärung von Rom gibt dazu Hoffnung, denn darin bekennen sich alle 27 Staaten zu einer sozialeren EU, und das ist die richtige Weiterentwicklung in die Richtung, in die wir gehen wollen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


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