Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 110

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Jetzt aber zur Globalisierungsfrage: Es ist doch tatsächlich so, dass immer mehr globale Gewinne aus dem Ganzen geschöpft werden, aber immer weniger etwas davon haben. Das erklärt auch die Diskrepanz in den Gesellschaften, zwischen den Kontinenten und immer noch und immer stärker wieder zwischen Nord und Süd, zwischen den Gesellschaften hier in Österreich und in Europa. Es ist richtig, dass wir von der sogenannten Osterweiterung ursprünglich profitiert haben – jetzt auch noch –; aber wer profitiert davon? – Da braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn die Leute in ihrer Verzweiflung und in dem Nicht-mehr-Mitkommen mit den immer höheren Geschwindigkeiten dieser Diskrepanzentwicklungen auf die, wie ich es einschätzen würde, falsche Seite kippen. Das ist so.

Jetzt muss man aber einmal die Dinge wieder zurechtrücken, das ist selbstverständlich auch unser Job. Da heute schon Jacques Delors zitiert wurde, wenden wir uns kurz dieser Seite zu (in Richtung FPÖ), die jetzt in der Mitte sitzt, aber normalerweise von hier aus gesehen rechts sitzen sollte – jetzt sitzen sie halt da. Wenn Delors sagt, man kann sich nicht in einen Binnenmarkt verlieben – ich meine, das ist schon so alt, dass ich es wieder vergessen habe, es ist aber jetzt aktueller denn je –, dann frage ich: Wo hat denn die Alternative, die bedingungslose blinde Liebe oder Hassliebe zu irgend­welchen Vaterländern, hingeführt? – Schnurstracks in zwei Weltkriege, die von diesem Kontinent den Ausgang genommen haben. Diese Gefahr ist jetzt so nicht erkennbar, vielleicht kommt das auch nicht so – das wollen wir alle hoffen –, aber die Tendenzen gehen in diese Richtung.

Deshalb muss Schluss mit dieser Liebäugelei mit den Le Pens und wie sie alle heißen sein! Die verschweigen das ja gar nicht mehr, die stellen sich hin und sagen es ja, sie wollen Europa zerstören. Mit denen gehen Sie patriotisch frühlingskuscheln. Schauen wir uns den heurigen Frühling an, es wird bald warm werden!

Sie (in Richtung SPÖ) haben sich in Ihrer Kampagne dann davon verabschiedet, weil Sie gewusst haben – Gott sei Dank, oder wem man auch immer danken sollte, also all jenen, die an den diversen Argumentationen und Kampagnen mitgearbeitet haben –, dass es in Österreich offenkundig keine Mehrheit für diesen Unfug gibt; und es wird auch vielleicht und hoffentlich in Frankreich keine geben. Es ist aber mittlerweile so, dass man sich jeden Tag hinstellen und gegenhalten muss. – Das ist unsere Aufgabe.

Da sollte eben – ÖVP! – der Herr Europaminister die richtige Spur finden, um wieder das Generalthema hereinzuholen und da nicht irgendwo herumzuirrlichtern. Das wäre eine Aufgabe. Vielleicht nehmen Sie ihn einmal ins Gebet, damit er nicht das gleiche Schicksal nimmt wie ein Finanzminister, der jetzt nicht mehr hier auf dieser Bank sitzt, sondern auf der Anklagebank. Ich habe immer öfter den Eindruck, wenn der Kurz nicht aufpasst, wird er noch der europa- und integrationspolitische Karl-Heinz Grasser.

Womit wir uns hier auch auseinandersetzen müssen, ist, was das österreichische Parlament zu tun hat. Wenn ich in Richtung Vorsitzführung Österreichs in eineinhalb Jahren blicke, dann muss ich sagen: Sie ist schlecht vorbereitet. Herr Klubobmann Lopatka wollte darüber hinwegtäuschen, aber sie ist schlecht vorbereitet. Alle euro­päischen Dokumente sollten hier im Haus sein. Wissen Sie was? – Zwei mickrige Zettel sind bis jetzt da. Ich gehe nicht davon aus, dass die uns anschwindeln, es ist einfach nicht mehr da. Eigentlich muss am 1. Juli alles fertig sein, denn mittlerweile gibt es die nützliche Vorgangsweise – wie ich neulich festgestellt habe, wissen das die meisten hier offensichtlich nicht –, dass wir in dieser Trio-Präsidentschaft gemeinsam mit Bulgarien und Estland etwas vorbereiten sollten. Da passiert aber nichts, da werden nur ein paar Überschriften herumgeschickt – und das ist zu wenig. Wohin sollte die Reise also gehen, wenn sie uns jetzt fragen?

 


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