Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 123

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dass Menschen vor Ort auch im globalen Süden ausgebeutet werden, diskriminiert werden und ihnen auch die Lebensgrundlage genommen wird.

Das alles ist nicht einfach lösbar, sondern es braucht tatsächlich einen Schulterschluss der Europäischen Union. Es braucht deshalb auch mehr Europäische Union anstatt weniger – und schon gar nicht eine Lösung wie jene, die als Europäische Union der Vaterländer oder Europäische Union der Regionen bezeichnet wird.

Es ist natürlich unbestritten, dass sich die Europäische Union in einem kritischen Zustand befindet. Was aber in der Analyse auch jetzt bei den vielen Vorrednern und Vorrednerinnen bis dato gefehlt hat, war, auch noch einmal zu reflektieren, was denn die Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst hat und auch angerichtet hat, nämlich eine Situation, in der sich die Fratze einer Globalisierung zeigt, die nicht reguliert wurde und die den Menschen, vor allem der Bevölkerung der EU und damit den EU-Bürgern und -Bürgerinnen tatsächlich Schaden zugefügt hat.

Das System der Bank- und Finanzwirtschaft steht noch immer weit über der Not­wendigkeit, eine Sozialunion zu schaffen, und weit über der Notwendigkeit, soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Und genau dieses Problem sollten wir uns gemeinsam anschauen, und genau da müssen wir – auch politisch natürlich – hineingehen.

Extreme soziale Schieflagen innerhalb der EU: In Österreich wird darüber diskutiert, ob das Pflegesystem tatsächlich noch immer mit Pflegern und Pflegerinnen aus der Europäischen Union aufgestellt werden soll – und gleichzeitig aber auch darüber, ob man genau diesen Müttern, die ihre Kinder in ihren Heimatländern lassen müssen, die Familienbeihilfe reduzieren soll. Dass das innerhalb der Europäischen Union ge­schieht, ist letztklassig!

Es wird in Österreich noch immer darüber diskutiert, ob die sichtbare Armut der Euro­päischen Union, nämlich sichtbar in Form von Bettlern und Bettlerinnen in den Gemeinden, verbannt werden soll. Wir haben gerade die Diskussion, ob durch landes­polizeiliche Gesetzgebung Bettler und Bettlerinnen von gut besuchten Plätzen verbannt werden sollen. Das ist letztklassig und hat mit einer Sozialunion gar nichts zu tun. Wir müssen endlich darüber diskutieren, was tatsächliche Umverteilung bedeutet, was Arbeitsplatzsicherung – einerseits in Österreich, andererseits aber auch innerhalb der Europäischen Union – bedeutet und auch was es bedeutet, weiterhin gegen Dis­kriminierung, Ausbeutung und soziales Gefälle vorzugehen.

Personenfreizügigkeit: Es wird derzeit nicht darüber diskutiert, welche Vorteile eine Personenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union hat, sondern darüber, wie die Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt aussehen soll, womit Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in eine Spirale gedrängt werden, die nichts mehr mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat. Die Vorteile der EU, nämlich Grenzen tatsächlich abzubauen, werden nur mehr im Lichte der Sicherung der eigenen Grenzen gesehen, und gleich­zeitig werden Handelsbeziehungen aufrechterhalten, durch die, wie am Anfang schon erwähnt, die Menschen gerade im globalen Süden ausgebeutet werden.

Wir leben, unsere Technologie lebt von ausgebeuteten Menschen, von ausgebeuteter Natur im globalen Süden. Es gibt noch immer keine Regelung, die tatsächlich faire Bedingungen gewährleistet, und deshalb brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Menschen sich auf Wanderschaft begeben oder flüchten.

Nationalstaatlichkeit anstatt Friede: Wenn über Flüchtlinge gesprochen wird, wird immer wieder vergessen, warum Menschen flüchten müssen, gleichzeitig wird aber auch vergessen, darüber zu diskutieren, woher Waffen denn eigentlich kommen und wo die Rüstungsindustrie eigentlich tätig ist. Damit hat nämlich auch die Einzel­staat-


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