Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 201

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der Verfassung (siehe dazu: http://derstandard.at/3130357/Sozialpartner-in-Verfas­sungs­rang-ueberfluessig).

Weshalb die Kammern als gesetzliche Interessensvertretungen keine verfassungs­rechtliche Festschreibung verdienen, liegt auf der Hand: das österreichische Kam­mersystem ist die zur Institution gewordene Reformblockade, ein Instrument des rot-schwarzen Machtkartells und Mittel der parteipolitischen Einflussnahme auf Staat und Wirtschaft. Es ist ein System, das existiert, um eingefahrene Machstrukturen zu erhalten, und dabei Grundrechte missachtet. Unternehmer_innen und Arbeitneh­mer_innen werden durch gesetzlichen Zwang dazu verpflichtet, ein System zu finan­zieren, das vorrangig die Interessen einiger weniger vertritt und übergeordnete Ziele wie Gemeinwohl und Fortschritt aus den Augen verloren hat.

Die sozialpartnerschaftlichen Kammern sind in diesem Sinne Schumpeters Antithese. Sie verhindern die schöpferische Zerstörung. Sie stehen jenen im Weg, zu deren Vertretung sie gedacht wären. Sie sind in der Verfassung stehende, von der Allge­meinheit finanzierte Vorfeldorganisationen der Altparteien, die immer mehr Zuspruch verlieren.

Das Kammersystem basiert auf der ökonomischen und gesellschaftlichen Struktur der Nachkriegsjahrzehnte. Durch sie wird versucht, eine klare Trennung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Erwerbstätigen wiederzugeben. Doch gerade die Entwicklungen der letzten Jahre lassen sich in diesem dichotomen System nicht abbilden. Die Kammern wollen diese Entwicklungen auch nicht aufnehmen, weil es be­deuten würde, dass sie ihre eigene Positionierung überdenken müssten. Dies mündet darin, dass sie diese zweigeteilte Struktur in allen ihren Handlungen, Forderungen und damit in ihrer Arbeit als Interessensvertretung reproduzieren. Dies wiederum ist natürlich ein Hemmschuh für Weiterentwicklungen von verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit (egal ob selbstständig oder unselbstständig) und damit letztlich ein Hemmschuh für die gesamten wirtschaftliche Entwicklung des ganzen Landes.

Über das System der Sozialpartnerschaft hinter verschlossenen Türen üben die Kam­mern Einfluss auf Politik und Gesetzgebung aus. Die oft gesetzlich zugestandene Macht manifestiert sich einerseits in direkter Einflussnahme auf wesentliche Politik­bereiche, aber auch durch direkte Machtzugeständnisse von Seiten der ehemaligen Großparteien.

Wesentlich für die indirekte Macht der Kammern ist die in unzähligen Gesetzen zu-gestandene Teilnahme und Repräsentation in unterschiedlichsten Aufsichts- und Ent­scheidungsgremien, insbesondere in der Bundesverwaltung. Beispielhaft müssen hier die Sozialversicherungsträger genannt werden, die durchgängig sozialpartnerschaftlich organisiert sind und genau wie die Kammern ein System des Machterhalts reprä­sentieren, was sich insbesondere im Widerstand gegen eine Reform der verschie­denen Versicherungsträger manifestiert.

Dieser Einfluss der Kammern geht damit auch deutlich über das Aufgabengebiet der eigentlichen Interessenvertretung hinaus und ist gekennzeichnet von Intransparenz, unzureichender öffentlicher Kontrolle und zu wenig ausgeformter Kontrollrechte. Die Zwangsmitglieder wissen nicht, was alles mit ihren bezahlten Beiträgen finanziert wird. Das rot-schwarze Machtkartell versucht diese strukturelle Korruption zu legitimieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


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