Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 215

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Jetzt noch eine Feststellung: Ich bin der Meinung, dass mit dieser Änderung ein Kompromiss gelungen ist, dem auch die Opposition zustimmen könnte, wenn sie wollte (Abg. Walter Rosenkranz: … nur deswegen, weil die SPÖ über den Tisch gezogen wurde!), und ich lade Sie, frei nach Bruno Kreisky, ein, „ein Stück des Weges gemein­sam“ zu gehen und diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Dem Kollegen Jarolim ist auch schon das Klatschen vergangen!)

18.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


18.19.45

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Innenminister! Na ja, Bruno Kreisky, glaube ich, würde sich eher im Grab umdrehen ob dieses politischen Kompromisses, als den Sie diesen Initiativantrag bezeichnet haben. Das ist kein politischer Kompromiss, Herr Kollege Schabhüttl, sondern das ist eine intellektuelle Beleidigung, eine legistische Beleidigung für dieses Parlament. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Es beginnt einmal so: Sie haben im Rahmen einer Anlassgesetzgebung einen Initiativ-antrag beim Innenministerium in Auftrag gegeben, und seit dieser in Auftrag gegeben wurde, ist Ihnen der Anlass abhandengekommen. Das ist eine Anlassgesetzgebung der neuen Art: Sie hatten einen Anlass, der jedoch nicht eingetreten ist, weil kein türkischer Politiker nach Österreich gekommen ist, den Sie davon abhalten wollten, und jetzt machen Sie trotzdem ein neues Gesetz, obwohl Sie keinen Anlass mehr dazu haben.

Der Innenminister hat gesagt, er will sich grundsätzlich über das Versammlungsrecht austauschen und darüber diskutieren, er würde das gerne in einer Enquete machen. Ich bin immer für Enqueten und grundsätzliche Diskussionen zu haben, selbst über so heikle Materien wie Grundrechte, man kann über alles diskutieren, es weiß nur keiner, wieso Sie das Gesetz jetzt so schnell machen wollen. Das ist eine Husch-Pfusch-Aktion: Sie haben völlig unbestimmte Begriffe im Gesetz, die Begründung ist mangel­haft, es öffnet Willkür Tür und Tor (Abg. Walter Rosenkranz: Richtig!), und es ist legistisch eine der schlechtesten Sachen, die ich je in diesem Hohen Haus gelesen habe.

Das hat natürlich auch etwas mit der kurzen Begutachtungsfrist zu tun. Der Innen­minister hat der Presse gegenüber gesagt, er sieht da überhaupt keine Probleme, es gab kaum substanzielle Kritik im Rahmen der Begutachtung. Ich lese offenbar immer andere Stellungnahmen als Sie, Herr Innenminister, ich lese zum Beispiel die Stel­lungnahme der RichterInnenvereinigung in Österreich, ich lese die Stellungnahme des Rechtsanwaltskammertages, die etwas ganz anderes sagen.

Wir haben schon gehört, Sie wollen Versammlungen untersagen, die der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dienen – und darüber hinaus braucht es ein paar Voraussetzungen, zum Beispiel dass die Versammlung den außenpolitischen Interes­sen Österreichs widerspricht.

Sie wollten verhindern, dass türkische Politiker nach Österreich kommen und hier Wahlkampf machen. Was Sie gemacht haben, ist, dass ich mich nicht mehr irgendwo hinstellen und sagen kann: Ich demonstriere für Raif Badawi!, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, den außenpolitischen Interessen Österreichs widerspricht.

Wir haben auch schon gehört: Wir wissen gar nicht, was diese außenpolitischen Interessen konkret sein sollen, weil Sie ja grundsätzlich unterschiedlicher Meinung sind. Ich frage mich, wen ich dann konkret fragen muss, wessen außenpolitisches Inter­esse gerade im Vordergrund steht: Ist es das des Außenministers, ist es das des


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