Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 224

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tigen Zeit mit dem Demonstrationsrecht umgehen, denn es gibt kein Recht, das un­beschränkt ist. Jedes Recht hat dort seine Grenze, wo andere Leute davon betroffen sind oder dadurch benachteiligt werden. Das nennen wir Güterabwägung. Es wird zum Beispiel niemand auf die Idee kommen, eine Demonstration für 3 Uhr in der Früh anzumelden oder am Friedhof eine Spaßdemo abzuhalten. Auch darin sind wir uns einig.

Die Tendenz in der Verrechtlichung und im Anspruchsdenken der Gesellschaft geht aber dahin, dass man immer und überall das Recht auf alles haben will. Mich erinnert das ein bisschen an eine säuglingsartige Daseinspolitik, wenn man, immer wenn man schreit, vom Staat sofort verköstigt wird. Das sollten wir hinterfragen und überdenken.

Interessant ist auch, dass gerade diejenigen, die so sehr auf die uneingeschränkte Demonstrationsfreiheit beharren – ich schaue jetzt absichtlich in den grünen Sektor –, in einem anderen Bereich, nämlich in der Meinungsfreiheit in den Foren im Internet, sehr schnell mit Anzeigen nach dem Verhetzungsparagrafen und sonstigen Anzeigen sind und dort eine Meinungsdiktatur errichten wollen, so wie man sich die gute grüne Welt halt vorstellt. Das passt aus meiner Sicht nicht wirklich zusammen. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, ob Ihre Denke zu diesem Themenfeld in irgendeiner Weise kongruent ist. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Aus meiner Sicht spricht überhaupt nichts dagegen, das Demonstrationsrecht nicht einzuschränken, aber es zu regulieren. Ich glaube, wir sollten alle darüber nach­denken, ob es Demozonen in Wien und in den Großstädten geben sollte, ob es über­haupt Demonstrationszonen geben sollte, wo man zu gewissen Zeiten uneinge­schränkt demonstrieren darf. Soll es das geben im Sinne von zum Beispiel Ge­schäftsleuten im 1. Bezirk in Wien? Ich habe selbst Patienten, die dort ihr Geschäft haben, und die leiden wahnsinnig unter den Demonstrationen. Es leiden auch die braven Bürger, wenn sie im Stau stehen wegen sinnloser Spaßdemonstrationen am Freitagabend, wenn mit irgendeinem Anliegen, das aus der Sicht der Demonstranten möglicherweise berechtigt ist, durchaus aber anderswo abgehandelt werden könnte, stundenlang über den Ring gezogen wird. Ich glaube, darüber sollten wir schon nachdenken. (Abg. Neubauer: Liegen im Grünen! – Zwischenruf des Abg. Schieder.) – Nein, ich sage, wir müssen über eine Regulierung nachdenken und nicht über eine Einschränkung.

Es ist doch sinnlos, wenn wir ein Recht so weit ausufern lassen, dass es nur mehr missbraucht wird. Es muss doch in die Köpfe der weltanschaulich Linken hineingehen, dass dieses Recht nicht endlos weit gehen kann. Dazu muss man gar kein Jurist sein, sondern es reicht der bürgerliche Hausverstand, um zu verstehen, dass das nicht Sinn und Zweck eines Demonstrationsrechts sein kann.

Ihr Parteigenosse, der Wiener Bürgermeister, hat ja schon ähnliche Worte gesprochen. Also wenn Sie sich mit ihm in Verbindung setzen, kann er Ihnen vielleicht weiterhelfen, im Hinblick auf Wien zumindest. Es gibt da ganz massive und sinnvolle, vernünftige Überlegungen, das Demonstrationsrecht zu regulieren. Das heißt aber nicht, dass man es einschränken muss. Da muss man differenzieren. Wir reden immer vom differen­zierten Herangehen an die Problematiken – und da bricht plötzlich alles zusammen: Die einen zeigen an, wenn es um Meinungsfreiheit geht, und die anderen schreien laut auf, wenn es in irgendeiner Hinsicht um eine Einschränkung oder nur um eine scheinbare Einschränkung bei einer Demonstration geht. Darüber sollten wir nachdenken.

Ich glaube, wir brauchen auch Leute, die von Amts wegen darüber nachdenken, ob eine Demonstration bewilligt werden soll oder nicht.

 


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