Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll177. Sitzung / Seite 50

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Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


11.26.41

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Initiatorinnen und Initiatoren dieses Volksbegehrens! Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer! Drei Sätze zu Beginn meiner Rede: Es gab mehr als 562 000 Unterschriften; fast 9 Prozent aller Wahlberechtigten haben unter­schrieben; es ist das erfolgreichste Volksbegehren seit 2004.

Das ist bei Weitem keine Kleinigkeit, sondern ein beachtlicher Erfolg, den dieses Volks­begehren gegen TTIP und CETA eingefahren hat. Dazu gratuliere ich sehr herzlich. Mit der heutigen Debatte wird das Volksbegehren dem Verfassungsausschuss zugewiesen werden, und wir werden uns in Schwerpunktsitzungen intensivst damit auseinan­dersetzen, denn diese Unterschriften, unsere Unterschriften, bilden die Grundlage für unsere künftige erneute Debatte – mit allen unterstützenswerten Kritikpunkten und Forderungen – hier im Haus, denn ich und so viele andere Kolleginnen und Kollegen teilen diese Kritik und diese Position.

Warum tun wir das? Etliche Punkte sind von KollegInnen im Vorfeld schon angeführt worden – Stichwort Investitionsschutz, ArbeitnehmerInnenschutz, Daseinsvorsorge, Umweltstandards und vieles mehr. Lassen Sie mich aber einen Punkt herauspicken, den ich an dieser Stelle besonders beleuchten möchte: Was ist eigentlich im Vorfeld dieser Abkommen passiert und was passiert weiterhin? Die Europäische Kommission verhandelte sehr intransparent. Es gab keine echte demokratische Beteiligung, Parla­mente, NGOs, BürgerInneninitiativen wurden nicht rechtzeitig eingebunden, es wurde geheim und mit unlesbaren – also für NichtjuristInnen unlesbaren – Dokumenten operiert, und man wurde mit fertigen, undemokratischen und unter kleinsten Kreisen abgestimmten Ergebnissen konfrontiert. Das ist ein Worst-Practice-Modell für Mitge­staltung und breite Mitbestimmung in einer modernen Demokratie.

Zu Recht sind wir PolitikerInnen, zu Recht sind NGOs, zu Recht sind Aktions­platt­formen und Co auf die Barrikaden gestiegen. Erst nach Urgenz hier im Haus wurde sukzessive auf parlamentarischer Ebene informiert – Stichwort Debriefings und Co –, was TTIP anbelangt.

Diese Vorgehensweise haben wir uns nicht gefallen lassen und werden wir uns auch künftig nicht gefallen lassen, aber nicht nur wir, sondern eben auch etliche BürgerIn­nen, die es einfach satthatten und -haben, dass aus einem überschießenden Dere­gulie­rungsmotiv heraus über Kriterien, Auflagen, ja in Wirklichkeit über die SDGs – Sustainable Development Goals –, über Ziele, die wir uns gesetzt haben, nämlich Ziele mit universeller Gültigkeit, drübergefahren werden soll.

Das betrifft CETA, das betrifft TTIP, das betrifft TiSA, das betrifft etliche weitere Ab­kom­men – mit Asien, Lateinamerika, Neuseeland und vielen mehr –, die in Verhand­lung stehen, in der Pipeline sind. Das ist eine Handelspolitik, die uns einfach nicht taugt, die wir nicht goutieren und die wir auch nicht akzeptieren wollen. Das ist Frei­handel, der auf Deregulierung aufbaut und unter dem Motto firmiert, schneller, güns­tiger, wettbewerbsfähiger und, und, und zu sein, also Beschleunigung vor Qualität stellt, nämlich Qualität für die ArbeitnehmerInnen, sowohl, was die Standards, die Arbeitsbedingungen anbelangt, als auch die Entlohnung, Qualität, was die Nachhal­tigkeit im ökologischen Sinn anbelangt, Qualität in Bezug auf Gerechtigkeit und gerech­ter Verteilungspolitik.

Meiner Meinung nach muss Handelspolitik anders aussehen. Der Handel und der Markt müssen fair und gerecht sein, kurz gefasst, Märkte müssen zivilisiert sein – dazu gibt es kein konkretes Konzept –, das heißt, nach Kriterien funktionieren, die eben den


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