Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 96

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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


11.33.56

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der ein Schlauchboot mit Flüchtlingen und dahinter eine Jacht auf dem Meer zu sehen sind, wobei ein Pfeil mit der Aufschrift „Steuerflüchtling“ auf die Jacht zeigt.) Es wurden bereits von meinem Vorredner der Lobbyismus in Brüssel und Aspekte der Budgetpolitik der Europäischen Union angesprochen. Danke, Herr Minister, dass du auch den Missbrauch angesprochen hast.

Ich möchte aber erwähnen: Es stimmt mich schon sehr nachdenklich, wenn Kollege Krainer sagt, dass unser werter Herr Außenminister nur an neun von 31 Sitzungen teilgenommen hat. Ich kenne Vereine, in denen das zum Ausschluss führt, wenn man sich so unkollegial verhält. Ich weiß auch nicht, wie man dann auf dem aktuellen Stand der Diskussionen sein kann. Das muss man einmal hinterfragen. Ich meine, irgend­wann gewöhnen sich die anderen Teilnehmer daran, dass der Platz leer ist.

Ich lese sehr gerne den „Konzernatlas“, er interessiert mich ganz besonders, und ich bin sehr verwundert, dass unsere Wirtschaftspartei, die mit dem Thema Nachhaltigkeit in den nächsten Wahlkampf geht, egal unter welchem Namen, immer so für diesen internationalen, globalen, weltweiten Wettbewerb und für CETA und TTIP, für die Freihandelsabkommen, ist, und gleichzeitig, Herr Minister, sagst du hier, dass auch der Klimaschutz und der Klimawandel wichtige Themen sind. Da denke ich, jawohl, das sind ganz wichtige Themen, und wir wissen, was auf diesem Gebiet abläuft und was für Unfug da getrieben wird, was da sinnlos transportiert wird, um Produkte aus Spekulationsgründen von einem Eck ans andere Eck der Welt zu führen, damit diese endlich das richtige Pickerl haben, damit das endlich die richtige Wertigkeit hat und die Herren Spekulanten an den Warenterminbörsen die zweistelligen Renditen abcashen können.

Es wundert mich, wenn man dann aber Verständnis für eine europaweite CO2-Abgabe hat – diese hat ja kommen müssen –, während eine Palmöl- und Palmfettsteuer vermieden wird. Ich erinnere: Europa ist nach Indien der zweitgrößte Palmölimporteur der Welt und damit einer der größten Klima-, Umwelt- und Lebensraumzerstörer.

Kolleginnen und Kollegen, auf der einen Seite stehen die Wirtschaftsflüchtlinge, über die im Rahmen der Asyldebatten diskutieren, mit denen wir die Probleme haben, aufgrund derer wir Kosten haben, auf der anderen Seite stehen die Steuerflüchtlinge, die es sich mit einer intelligenten Konzernsteuerpolitik und mit den Investitionen richten, sodass sie nicht gewinnpflichtig und abgabenpflichtig werden, sondern schlau und klug investieren.

Der Lobbyismus wurde auch angesprochen, und ich darf an die Beschäftigungs­strategien, Herr Minister, die du angesprochen hast, erinnern. Ich war erschüttert, als ich diese Woche lesen musste, dass sich der so erfolgreiche Agrana-Konzern nicht nur in China, sondern bereits auch in Indien breitmacht. Anscheinend ist der osteuropä­ische Raum für die Produktion von Substituten schon zu teuer, jetzt geht man in die Dritte Welt. Wir wissen, eine indische Teepflückerin hat im Monat 25 €, davon wird aber die Miete für die Strohhütte, in der sie schlafen darf, abgezogen.

Das ist die Realität, und wenn das die Weltwirtschaft ist, die wir anhimmeln, dann sage ich, ich möchte diese Weltwirtschaft nicht anbeten. Ich glaube, das Wesentliche ist, dass Österreich einmal erkennt, dass wir auch als Vorbild vorne stehen und nicht in diesem internationalen Konzert der Lobbyisten mitzusingen.

 


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