Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung / Seite 33

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ist es so, dass ungewöhnliche Zeiten auch ungewöhnliche Maßnahmen erfordern. Die Angelobung meiner Person zum Vizekanzler ist wahrscheinlich gemessen am bisheri­gen politischen System in Österreich als ungewöhnlich zu bezeichnen.

Ich darf Ihnen aber sagen, ich danke dem Herrn Außenminister und designierten Par­teiobmann der Österreichischen Volkspartei Sebastian Kurz für das Vertrauen, das er in mich setzt, und umgekehrt vertraue ich auch darauf, dass sein Weg, den er geht – und das ist ein unkonventioneller Weg: der Weg des Aufbrechens alter, überkommener parteipolitischer Strukturen, der Weg der Öffnung –, der richtige Weg ist, meiner Mei­nung nach auch der einzig richtige.

Ich bin mir bewusst, dass ich jetzt als parteifreier Vizekanzler eine ganz besondere und auch eine sehr schwierige Rolle einnehme. Ich kann nur mit der Rückendeckung, mit der vollen Rückendeckung beider Regierungsparteien agieren. Ich habe sie bisher ge­habt und bin sehr zuversichtlich, dass ich sie auch weiterhin haben werde. Mir geht es natürlich darum, jetzt die noch offene Arbeit in den Vordergrund zu stellen. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich grundsätzlich immer das Gemeinsame vor das Trennende gestellt habe. Und das ist auch genau das, worum es jetzt geht. So habe ich meine bisherige Aufgabe als Justizminister verstanden, und so verstehe ich auch meine zu­sätzliche künftige Aufgabe als Vizekanzler.

Herr Außenminister Sebastian Kurz hat mehrfach betont, dass es ihm aus staatspoli­tischer Verantwortung ein Anliegen ist, die Regierungsarbeit bis zur Neuwahl fortzuset­zen. Der Herr Bundeskanzler hat das vorhin und auch gestern ebenfalls so gesagt. Auch der Herr Bundespräsident hat heute sehr, sehr gute, deutliche Worte gefunden, denen ich mich nur anschließen kann. Das ist das, worum es jetzt geht, und genau das ist es auch, wozu ich mich verpflichtet fühle. Für alles andere hätte die Bevölkerung mit Recht auch wirklich kein Verständnis.

Ich sehe mich als Brückenbauer, so wie bisher schon, umso mehr auch in Zukunft, zwi­schen den beiden Regierungsparteien. Ich kann Ihnen versichern, dass das Verhältnis zu den jeweiligen Exponenten beider Parteien auch ein gutes ist und dass wir daher davon ausgehen können, dass das, was an Umsetzung der wirklich wichtigen und in­teressanten Projekte, die diese Regierung ja eigentlich bereits auf Schiene gebracht hat, noch möglich ist, zu einem gewissen Teil doch noch gelingen müsste.

Jetzt müssen wir die ersten wichtigen Voraussetzungen dafür schaffen. Da sind wir jetzt gerade dabei, viel Zeit bleibt ja nicht mehr. Als ersten zentralen Punkt – und das ist eigentlich gestern schon erledigt worden – gab es ja das Integrationsgesetz. Das wurde gestern hier beschlossen. Sie sehen, die Kooperation, die Zusammenarbeit der beiden Regierungsparteien funktioniert, auch auf parlamentarischer Ebene. Ich denke, dass das bei den Projekten, die wir wirklich noch gemeinsam umsetzen wollen, auch in Zukunft so sein wird.

Nun, ich gehe davon aus, dass wir dadurch, dass man sich auch allseits auf einen Neu­wahltermin verständigt hat, eigentlich eine größere Chance haben, das noch zu erledi­gen, was noch offen ist. Die Zeit des Taktierens ist ja wirklich vorbei, und wir sollten al­le mit offenen Karten spielen. Ich tue es jedenfalls. (Ironische Heiterkeit bei FPÖ, Grü­nen, NEOS und Team Stronach.) – Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich wüss­te nicht, was daran so lustig sein soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Situation ist insofern eine durchaus ernste, als es hier wirklich nicht um ein Spiel, sondern um die Wahrnehmung staatspolitischer Verantwortung geht. Mir jedenfalls geht es darum, ob es bei Ihnen auch so ist, werden ja die nächsten Wochen und Monate zeigen, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten.

Ich kann Ihnen nur sagen, ich werde meinen Beitrag zur noch offenen Reformarbeit leis­ten, ich werde das so wie gewohnt sachlich tun und möglichst ohne Emotionalität. So


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite