Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 7. Juni 2017 / Seite 50

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9.51.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Wöginger will die Förderungen durchforsten und sagt das hier heraußen, nachdem er den Beschäftigungsbonus gelobt hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen und muss sehen, mit welcher Doppelmoral hier aufgetreten wird.

Wenn SPÖ und ÖVP vom Arbeitsmarkt sprechen und wir heute Aktion 20 000 und Beschäftigungsbonus diskutieren, dann ist das rot-schwarze Aufteilungspolitik der ganz alten Schule. Das machen die Kern-SPÖ und die Kurz-ÖVP so, wie das die Großkoalitionäre in den letzten Jahrzehnten immer gemacht haben: Die SPÖ darf mit der Aktion 20 000 Geld verbraten, und die ÖVP darf mit dem Beschäftigungsbonus Geld verbraten. Jeder hat sein Reich – das eine läuft über das AMS, das andere über die aws. Da kann man einander nicht so hineinpfuschen, und jeder darf nach Herzenslust Steuergeld verblasen.

Aktion 20 000 um 780 Millionen €: In den österreichischen Gemeinden sind die Rasen gemäht, es sind die Bäume geschnitten, es sind die Plätze gekehrt, und trotzdem stellen wir jetzt zu den 75 000 Gemeindemitarbeitern noch einmal 20 000 zusätzlich ein – 20 000 Posten ohne Arbeit! (Ruf bei der SPÖ: ... keine Ahnung!)

Das ist demütigend für diese Personen. Es ist demütigend, wenn man jemanden irgendwo hinstellt, wo es nichts zu tun gibt, weil alles schon getan ist. Das ist keine Beschäftigungspolitik, das ist Pseudo-Beschäftigungspolitik! Durch solche Posten ohne Arbeit kommt niemand in den ersten Arbeitsmarkt. Niemand, der solch einen Posten ohne Arbeit bekommt, wird dadurch in ein richtiges Beschäftigungsverhältnis übergeführt.

Was Sie auch nicht machen, ist, die Leute zu qualifizieren. Vielleicht, so haben Sie angekündigt, vielleicht werden 1 000 Leute für die Pflege qualifiziert. 19 000 bleiben aber immer noch übrig, die nicht qualifiziert werden, sondern einfach irgendwo hinge­stellt werden.

Wir haben aber derzeit auf dem Arbeitsmarkt eine Rekordzahl an offenen Stellen, die unter anderem deswegen nicht besetzt werden können, weil die Qualifikation nicht stimmt, weil die Unternehmen nicht die Leute finden, die das können, was das Unter­nehmen braucht. Investieren müssen wir in Bildung und in Qualifikation! Das macht die Aktion 20 000 nicht, und das macht im Übrigen auch der Beschäftigungsbonus nicht.

Mit ein Grund für die hohe Langzeitarbeitslosigkeit ist auch die Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Anders als in anderen europäischen Ländern ist bei uns die Leistung im Zeitverlauf linear. Wenn man einmal arbeitslos ist, dann bekommt man Arbeitslosengeld und danach die Notstandshilfe, die 92 bis 95 Prozent vom Arbeitslosengeld beträgt. Die Notstandshilfe kann man dann zeitlich unbegrenzt beziehen.

In allen anderen europäischen Ländern geht die Arbeitslosenleistung im Zeitverlauf zurück, und damit steigt natürlich auch der Anreiz, Arbeit aufzunehmen, weil man weiß: Okay, am Anfang bekomme ich etwas mehr Arbeitslosenleistung, aber wenn ich länger arbeitslos bin, dann wird es weniger, und dann muss ich schauen, wie ich das Ende des Monats und das Ende des Geldes vereinbaren kann. Da kommt man gar nicht in Langzeitarbeitslosigkeit, weil man sich rechtzeitig um einen Job bemüht, nämlich schneller bemüht, als der Wert auf dem Arbeitsmarkt zurückgeht. Je länger jemand arbeitslos ist, umso stärker sinkt sein Wert auf dem Arbeitsmarkt.

Dieses Modell hat auch Johannes Kopf vom AMS vorgeschlagen, der dafür von Fachleuten gelobt wird. Es ist nicht rocket science, aber es lässt natürlich die ideo-


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