Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll186. Sitzung, 19. Juni 2017 / Seite 24

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Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der Versuch einer echten Bildungsreform ist gescheitert. Die scheidende Bundesregie­rung schafft auch unter Christian Kern und Sebastian Kurz keinen Durchbruch. Selbst wenn es noch zu einem Beschluss im Parlament kommen sollte, bleibt von dem einst großen Reformvorhaben nicht mehr als ein mutloser und durch den Fleischwolf der ver­schiedensten Macht- und Parteiinteressen gedrehter Minimalkonsens. Für eine umfas­sende „Bildungswende“ im Sinne der Kinder, Jugendlichen, Eltern und Pädagog_innen fehlen den Mehrheitsparteien offensichtlich der Wille und die Entschlossenheit. Denn im Kern bleibt nur eine Schulverwaltungsreform übrig, die noch dazu die parteipoliti­sche Einflussnahme als Maxime der rot-schwarzen(-grünen?) Bildungspolitik weiter fest­schreibt. Die Bevölkerung musste drei Jahre diesem unsäglichen Schauspiel an An­kündigungen, Verzögerungen und gebrochenen Versprechen beiwohnen, ohne dass es zu einem positiven Resultat kommen wird.

1. Die Chronologie des Versagens

– Im Juni 2014 richtete die damalige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek eine Beamtengruppe ein, die ein Papier zur Schulreform ausarbeiten sollte. Schon die Aus­wahl der Personen war höchst fragwürdig. Beamte, die aus dem alten System kamen und dieses zu administrieren hatten, wurden mit der Aufgabe betraut, die Zukunftspläne zu entwerfen. Fünf der acht Mitglieder dieser sogenannten „Expert_innengruppe“ stamm­ten aus den Reihen der Landesschulräte oder den Ämtern der Landesregierungen. We­der Schulpartner noch Oppositionskräfte nahm die Ministerin mit an Bord. So konnte die­se Runde ihre Befangenheit auch nicht überwinden. Das Abschlusspapier brachte in­teressante Analysen und durchaus sinnvolle Empfehlungen, doch gerade der Bereich der Schulverwaltung – der schlussendlich drei Jahre später von diesem Papier übrig blei­ben sollte – war leider eine raffinierte Auftragsarbeit im Dienste ihrer Herren, nämlich der „Landesfürsten“.

– Im Oktober 2014 wurde dann eine politische Bund-Länder-Gruppe für die Ausarbei­tung der Reform ins Leben gerufen. Auch die Besetzung dieser Gruppe war verräte­risch und offenbarte, wer in Österreich das Sagen im Schulsystem hatte und – offen­sichtlich – auch weiterhin haben sollte. Neben der damaligen Bildungsministerin Hei­nisch-Hosek, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, Innenministerin Johanna Mikl-Leit­ner und Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer waren die Landeshauptleute Hans Niessl, Peter Kaiser sowie Erwin Pröll und Wilfried Haslauer prominent mit von der Partie.

– Im März 2015 stellte die – von der Bildungsministerin eingesetzte – Beamtengruppe das Konzept „Freiraum für Österreichs Schulen“ vor. Dieses Papier war grundsätzlich mit Sachverstand und Engagement verfasst. Die Beschreibung der Ausgangslage war gut zusammengefasst. Auch die Ziele für den Weg hin zu mehr Schulautonomie waren gut ausgeschildert. Allerdings offenbarte sich auch, dass der machtpolitische Zugriff der Landeshauptleute auf die Schule umfassend bleiben bzw. werden sollte. In diesen Empfehlungen wurde der Grundstein für Bildungsdirektionen unter der Führung von Lan­deshauptleuten gelegt.

– Im Juli 2015 verließen die beiden Landeshauptleute Pröll und Niessl die politische Bund-Länder-Gruppe. Offensichtlich konnten sie ihr Anliegen, die absolute Verländerung der Schulen, nicht durchsetzen und zogen sich daher zurück. Sie wurde ersetzt durch die Lan­deshauptleute Häupl und Platter.

– Am 17. November 2015, vor gut eineinhalb Jahren, präsentierten die damalige Bil­dungsministerin Heinisch-Hosek und Staatssekretär Mahrer die Eckpunkte einer „fast geilen“ Reform (O-Ton StS Mahrer). Viele politische Beobachter_innen und Bildungs­expert_innen waren hier kritischer und konnten nur einen typisch österreichischen Kom-


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