Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 96

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Daher ist das Primärversorgungsgesetz ein Punkt, der neue Rahmenbedingungen und ein neues Zusatzangebot schafft und keine Konkurrenz zu Hausärzten darstellt. Gerade uns sind Hausärzte sehr wichtig, sie sollen auch in Zukunft in jeder Gemeinde vorhanden sein; das ist uns ein wichtiges Anliegen. Der Hausarzt soll auch in Zukunft der erste Ansprechpartner in Gesundheitsfragen sein. Es ist aber natürlich auch wichtig, dass es neue Anreize für Jungmediziner gibt – in der Ausbildung und in der Honorierung –, denn damit können wir die wohnortnahe hausärztliche Versorgung auch in Zukunft absichern.

In diesem Sinne ist dieses Gesetz eine wichtige Ergänzung für unser Gesundheits­system, damit wir den Fortbestand der ärztlichen Versorgung sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum sichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

12.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


12.42.12

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ein Gletscher kreißte, und ein Mäuslein ward geboren – das ist ein alter Spruch von Horaz, der kaum wo besser passt als auf dieses Gesetz, das wir heute leider Gottes in diesem Hohen Haus offensichtlich beschlossen bekommen. Aus meiner Sicht als 25 Jahre lang tätiger Arzt, ehemaliger Spitalsdirektor und jetzt in der Niederlassung befindlicher Facharzt und praktischer Arzt kann ich nur den Kopf schütteln und mich über diese vielen Phrasen wundern, die in diesem Gesetz drinnen stecken.

Erwin Rasinger hat ja heute schon gesprochen und auch einmal off the record gesagt, ohne ihn wäre dieses Gesetz viel schlimmer geworden. – Da gebe ich ihm recht, es wäre schlimmer geworden, aber es ist schlimm genug, wie es jetzt sein soll und wie es jetzt kommen wird.

Es ist schade um die viele Arbeit der Experten, der Beamten aus dem Gesundheits­ministerium, schade um die viele Energie der Vertreter der nicht ärztlichen Gesund­heits­berufe, die da hineingepulvert wurde und zu einem so mageren Ergebnis geführt hat.

Es fehlt so viel und es bleibt so viel diffus in diesem Gesetz, dass es wirklich schauer­lich ist. Abgesehen von der Anstellung von Ärzten bei Ärzten, was heute schon mehrfach angesprochen wurde, bleibt alles, was die anderen Berufsgruppen betrifft, völlig unklar und völlig ungeregelt. Es ist nicht klar, ob die Vertreter der nicht ärztlichen Gesundheitsberufe in dieser Primärversorgungseinheit freiberuflich tätig sein sollen oder selbständig dort arbeiten sollen. Welche Art von Verantwortung sollen sie über­nehmen? Wie werden die Patientenströme geleitet? Wenn ein Patient mit den heute schon angesprochenen Kreuzschmerzen in dieses Primärversorgungszentrum kommt: Wer untersucht ihn? Wer ist verantwortlich? Schaut ihn doch der Hausarzt oder einer der vielen Hausärzte, die dort sind, an? Schaut ihn nur die Sekretärin an? Wird er weggeschickt? Wird er gleich zum Facharzt geschickt?

Wer übernimmt die Verantwortung in diesen Konstrukten, die sich am Papier wunder­bar lesen, aber in der Realität überhaupt nicht durchdacht sind? Wie soll das Ganze funktionieren?

Ich frage aus Sicht eines Arztes, der das System seit 25 Jahren kennt: Wie soll das da draußen wirklich funktionieren? – Das kann nicht funktionieren! Meine Damen und Herren, das ist ein bürokratischer und inhaltlicher Bauchfleck ersten Ranges. Das wird in Wirklichkeit eine Primärversorgerkatastrophe, nämlich insofern, als das nicht oder kaum umgesetzt werden wird. Es werden sich irgendwo ein paar zusammenfinden, die


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