Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 189

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die Ausbildungspflicht bis 18 geeinigt haben. Es ist uns allen ein Anliegen, dass diese jungen Menschen trotzdem eine Chance bekommen und ihren Abschluss nachholen können beziehungsweise dass Menschen, die eine gewisse Basisausbildung nicht haben, diese bekommen. Das ist eine Notwendigkeit.

Es geht dabei um Lernkompetenzen, um autonomes Lernen, um Lernen lernen, um Kompetenzen in der deutschen Sprache, zwar nicht für Leute, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, sondern für solche, die einfach beim Lesen und Schreiben Schwierigkeiten haben, da geht es um grundlegende Kompetenz in weiteren Sprachen, da geht es ums Rechnen, da geht es um Basiswissen in Informationstechnologie. Das alles sind Dinge, die einfach die Grundlage dafür sind, um am Arbeitsplatz Fuß fassen zu können, um ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben leben zu können. Das ist uns allen ein großes Anliegen.

Wir wissen auch, dass etwa 50 Prozent der arbeitslos gemeldeten Personen keinen Pflichtschulabschluss haben und deswegen oft nicht in der Lage sind, sich selber zu erhalten, und deswegen ist uns dieses Programm, das in der Vergangenheit schon sehr gut funktioniert hat und immerhin Tausenden Österreicherinnen und Österreichern die Möglichkeit gegeben hat, ihren Pflichtschulabschluss oder eine gewisse Basis­bildung nachzuholen, ein Anliegen. In diesem Sinne ist das, glaube ich, eine gute Sache und sollte weitergeführt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Dr. Walser ist der nächste Redner. – Bitte.

 


17.30.36

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege El Habbassi, es ist prinzipiell eine gute Sache, wenn wir jenen helfen, die Hilfe benötigen, da stimme ich natürlich durchaus zu.

Die Probleme, die wir in Österreich haben, sind aber weitaus dramatischer. Ich erin­nere noch einmal daran: Es handelt sich um eine Million Menschen, die Defizite in Schlüsselkompetenzen haben: Lesen, Schreiben, Rechnen, das ist festgestellt, und denen müssen wir helfen. Natürlich werden wir zustimmen, natürlich ist es gut, wenn wir so ein Förderprogramm haben, aber ich habe ein paar Rechnungen angestellt, mit denen ich Sie kurz konfrontieren will.

Bislang war es so, dass das Förderprogramm knapp 20 000 Menschen betroffen hat – 20 000 Menschen, die Basisbildung nachholen konnten, die einen Pflichtschulab­schluss nachholen konnten. Neu ist jetzt, dass das Programm aufgestockt wird, fast um die Hälfte, das ist sehr schön. Somit sind wir bei knapp 30 000 Menschen, aber, und da fangen die Probleme an, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. (Abg. Rädler: Das wird teuer!) Es ist eigentlich auch ein Hinweis auf ein wirkliches Desaster, das wir in Österreich haben, das übrigens das alte Schulsystem, das Sie mit Zähnen und Klauen verteidigen wollen, hervorgerufen hat.

Meine kurze Rechnung: Pro Jahr sind für exakt 6 750 Menschen Budgetmittel vorge­sehen. Eine Million würde Hilfe benötigen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann brauchen wir exakt 148 Jahre, bis alle diese Menschen ihre Basisbildung nachholen können; und der große Haken dabei ist: Das wird auch nicht funktionieren, kann es nicht, weil logischerweise die Lebenserwartung nicht so hoch ist, und außer­dem kommen jährlich 7 000 Personen hinzu. Das sind nämlich jene, die unser Schulsystem verlassen, ohne sinnerfassend lesen und schreiben zu können, und die keine weitere Ausbildung haben. Also, es kommen jährlich mehr hinzu, als wir mit diesem Programm fördern.

 


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