Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 351

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dass es eine Reihe von Materien ist, die insbesondere eigentlich den Staat, die Beamten unterstützen und mehr schützen sollen, da es Vorkommnisse gibt, die sich gegenüber der Vergangenheit abheben, weil es auch neue Strömungen gibt, neue Verhaltensweisen; das betrifft etwa – vielfach belächelt – die Schaffner, die zusätzliche Unterstützung bekommen sollen, und das gilt natürlich auch im Zusammenhang mit der Diskussion über das Gesinnungsstrafrecht, den Freeman.

Wir haben lange herumdiskutiert, wir haben das Gesetz, glaube ich, drei Mal geändert. Es gibt ja jüngst auch einen Kommentar aus dem Haus, wonach nicht klar ist, ob es in Zukunft wirklich ohne Weiteres durchsetzbar ist, dass wir abseits eines Gesin­nungs­strafrechts in diesem Tatbestand vor Erreichen von Tatbeständen, die es bereits jetzt gibt, Handlungen feststellen; ich gehe davon aus, der Herr Bundesminister wird dies­bezüglich auch noch ein paar Worte dazu sagen.

Es ist, würde ich sagen, eine Herausforderung. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier eine Verbesserung schaffen – nicht mit der allergrößten Sicherheit; gewünscht hätte ich mir, dass wir eine Lösung finden, die von einer breiteren Mehrheit im Haus getragen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


19.09.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Problem mit doch sehr häufigen StGB-Novellen ist, dass wir in letzter Zeit immer wieder das Gefühl bekommen – oder zumindest ich das Gefühl bekomme –, dass das Strafrecht nicht mehr dafür verwendet wird, wofür es eigentlich da ist, nämlich als Ultima Ratio. Dort, wo wir heute bei dieser Novelle die sexuelle Integrität in den Katalog der notwehrfähigen Güter hineinnehmen, dort, wo wir die Regelungen betref­fend Gruppenbelästigung verschärfen, dort, glaube ich, ist es richtig so, und das machen wir auch entsprechend dem Ultima-Ratio-Prinzip.

Es gibt aber Teile in dieser Novelle, die aus offensichtlich anderen Gründen gemacht werden, teilweise weil es sich vielleicht medial gut verkaufen lässt. Weil Kollege Jarolim gerade vorhin die Schaffner angesprochen hat: Dazu hat Frau Kollegin Karl im Ausschuss etwas sehr Spannendes gesagt; sie hat nämlich gesagt, dass es wissen­schaftlich quasi bewiesen ist, dass eine höhere Strafandrohung keine große Präventiv­wirkung hat beziehungsweise gar keine Präventivwirkung hat.

Das ist genau das Problem bei der Verschärfung der Regelungen betreffend tätliche Angriffe auf Schaffner und Polizeibeamte: dass wir eigentlich – wissenschaftlich fundiert – wissen, und Kollege Jarolim weiß das ja auch, dass wir den Schaffnern und den Polizeibeamten durch eine höhere Strafandrohung nicht helfen werden. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen entsprechend besser geschützt werden, aber in der Wissenschaft ist klar, dass die höhere Strafandrohung nicht dazu führt, dass solche Angriffe nicht mehr passieren.

Was wir tun, ist Folgendes: Wir stellen das gesamte System, die Gewichtung des Systems komplett auf den Kopf und verschärfen halt etwas, weil es medial gut klingt. – Das halte ich nicht für sinnvoll.

Zu dem wirklich gefährlichen Teil, zur berühmten Lex Reichsbürger, zu den Freemen: Da machen wir etwas in der österreichischen Rechtsordnung, was hochgefährlich ist. Wir implementieren damit Gesinnungsstrafrecht in das österreichische Strafgesetz, und das ist etwas, was in entwickelten Demokratien eigentlich keinen Platz haben sollte. In Zukunft wird sich jemand strafbar machen, der eine Handlung setzt, die an und für sich


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