Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 350

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

einmal in einem anderen Zusammenhang in einem Interview etwas gesagt, was mich damals nicht gefreut hat, was ich aber grundsätzlich teile. Sie haben gesagt, das Strafrecht könne nicht speziell auf eine Gruppe zugeschnitzt werden. –Genau das machen Sie jetzt, indem Sie einen eigenen Reichsbürger-Paragrafen einführen.

Das wäre aber nicht notwendig, weil das Strafrecht schon jetzt eine Vielzahl von Strafparagrafen kennt, die auf Reichsbürger angewendet werden, und es kommt auch zu Prozessen. Ich nenne nur ein paar Tatbestände – was haben wir alles? –: schwerer Betrug, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Erpressung, Urkundenfälschung, gefähr­liche Drohung, Nötigung, Amtsanmaßung, beharrliche Verfolgung. – All das sind Straftatbestände, die im Zusammenhang mit Reichsbürgern angewendet werden. Wir brauchen kein auf einzelne Gruppen speziell zugeschnitztes Strafrecht.

Ich gestehe Ihnen auch noch zu, dass Sie durchaus auf unsere Kritik reagiert haben. Der Erstentwurf barg eine gewisse Missbrauchsgefahr; diese haben Sie insofern eingeschränkt – da gebe ich Kollegin Karl recht –, als jetzt eine fortgesetzte Ablehnung von staatlichem Handeln notwendig ist. Damit ist ziviler Ungehorsam im Einzelfall nicht von diesem Paragrafen erfasst; ich hoffe, dass das weitgehend genug ist, um Missbrauch auszuschließen.

Es bleibt aber ein Punkt, und der ist für mich entscheidend: Das ist eine Form von Gesinnungsstrafrecht, weil schon die Einstellung strafbar wird. Das sagen die Erläuterungen relativ klar: „Es reicht aus, wenn eine Person beispielsweise Eingaben an Behörden richtet, welche auf dieser staatsfeindlichen Gesinnung beruhen, erfun­dene Ausweise oder Kennzeichen verwendet oder sich auf die Theorien dieser Bewe­gungen beruft bzw. diese [...] vertritt.“ – Das heißt, eine Einstellung, eine Sympathie, natürlich gepaart mit einem gewissen Handeln, führt zur Strafbarkeit.

In einer Demokratie ist der Einstieg in ein Gesinnungsstrafrecht immer ein heikler Punkt, egal, ob einem diese Gesinnung passt oder nicht passt. Meiner Meinung nach gibt es eine Gesinnung, die vom Strafgesetz verboten gehört, und das ist Wieder­betätigung, Relativierung von Holocaustverbrechen nach dem Verbotsgesetz. Das ist diese Republik seiner Geschichte schuldig, dass sie da eine rote Linie zieht. Alle anderen Gesinnungen sind mit politischem Gegenargument zu bekämpfen, und wenn sie den Rahmen des Strafgesetzbuches, so wie Straftatbestände es allgemein formu­lieren, überschreiten, dann greift das Strafrecht. Meinung alleine ist, auch wenn man sie ablehnt, nicht strafbar.

Ich denke, wenn man mit dem Gesinnungsstrafrecht beginnt, dann ist immer die Frage: Wo ist das Ende? Einmal sind es die Reichsbürger, dann ist es eine andere Gruppe. Ich denke, dass da ein Stück Rechtskultur verfällt, auch wenn ich verstehe, dass Beamtinnen und Beamte von diesen Reichsbürgern belästigt werden, keine Frage; aber dann ist das Strafrecht in der Form, wie es besteht, in Stellung zu bringen. Diese Verfahren und Prozesse werden auch geführt, und ich würde diese rote Linie gerne eingehalten wissen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bernhard und Scherak.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


19.07.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! An sich ist es eine Tradition, kann man fast sagen, dass wir die meisten Materien insbe­sondere im Bereich des Strafrechts hier im Plenum nahezu einstimmig beschließen. Wir gehen heute davon ab, ich bin auch nicht wahnsinnig glücklich darüber. Ich denke,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite