Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 195

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eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschuss für Arbeit und So­ziales über die Regierungsvorlage (1613 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuer-gesetz 1988 geändert werden (So­zialversicherungs-Zuordnungsgesetz - SV-ZG) (1698 d.B.) – TOP 31

Selbstverständlich ist der Pflegeregress in seiner derzeitigen Form inakzeptabel - nicht zuletzt deshalb, weil er in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt wird und Ungleich­heiten sowie Intransparenzen auf der Tagesordnung stehen. Abermals fällt nun wieder eines der wichtigsten Zukunftsthemen kurzfristigen Wahlkampfpolemik zum Opfer. Statt nachhaltige Reformen, einen Systemwandel und eine Absicherung und Verbesserung der Pflegestandards zu erreichen, soll der Pflegeregress ohne jegliche Begleitmaßnah­men abgeschafft werden.

In den kommenden Jahrzehnten wird sich die Bevölkerungsstruktur in Österreich stark verändern. Die sogenannte Babyboomer-Generation scheidet aus dem Arbeitsmarkt aus, gleichzeitig bleibt jedoch die Geburtenrate niedrig und die Lebenserwartung steigt wei­ter an. Vor diesem Hintergrund ist eine Reform des derzeitigen Pflegesystems dringend notwendig. Nach Modellschätzungen des Ageing Reports 2015 der Europäischen Kom­mission werden sich – je nach Szenario – auch die Kosten für Pflege in den kommen­den Jahrzehnten mehr als verdoppeln. Parallel zu diesem Wandel der Bevölkerungs- und Ausgabenstruktur ändern sich auch die Haushalts- und Familienstrukturen.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, einen grundsätzlichen Systemwandel im Pfle­gebereich zu forcieren und politisch zu begleiten. Die Betroffenen müssen wohnort- und lebensnahe Versorgung in Netzwerken von professionellen Ansprechpartner_innen im interdisziplinären Gesundheits- und Pflegebereich vorfinden können. Dadurch muss ei­ne Verlagerung sichergestellt werden, weg von stationären Bettenburgen hin zu klei­nen Einheiten sowie zum mobilen Bereich.

Die Gründe für diesen nötigen Systemwandel liegen auf der Hand:

Stationäre Pflege (egal ob Pflegeheim, Spital, etc.) ist die teuerste Variante und hat für die Betroffenen oft keine befriedigende Betreuungsqualität. Ambulante Pflegedienste sind in der Lage, pflegebedürftige Personen in ihrer gewohnten Umgebung zu pflegen und erfüllen damit einen der größten Patient_innenwünsche.

Bei Pflege in den eigenen vier Wänden bestimmt die zu pflegende Person ihren Alltag und den Umfang der Pflege stärker selbst und ist dadurch unabhängiger. Bei akuten Krankheitsfällen schreitet der Genesungsprozess bei häuslicher Pflege deutlich schnel­ler voran.

Ambulante Pflegedienste sind auch aus volkswirtschaftlicher Sicht vorteilhaft. So führt der Verbleib in den eigenen vier Wänden bei den Betroffenen nur selten zu Abhängig­keiten von Sozialleistungen.

Ambulante Pflege sorgt dafür, dass die Menschen wirklich nur für die Dauer einer aku­ten Notsituation in ein teures stationäres System gehen (z.B. nach Hüft-OP, Übergangs­pflege, Hospizbedarf).

Ambulante Pflege bindet das soziale Umfeld (z.B. Familie) mit ein. Dies sorgt, sinnvoll umgesetzt, dafür, dass sowohl die zu pflegende Person profitiert, als auch die Familie Entlastung findet und weiterhin im Erwerbsleben verbleiben kann.

Bei einem guten System sind die Leute möglichst lange in Betreuung (Unterstützung bei den Dingen des alltäglichen Lebens), aber nur kurz bzw. nur wenig in Pflege (z.B. Inkontinenzversorgung, Versorgung chronischer Wunden, etc.). Der Betreuungsteil kann und soll, wenn möglich, durch Angehörige erfolgen. Im Pflegeheim ist die Betreuung oft aufgrund des Personalmangels und der schlechten Verteilung nicht ausreichend und bleibt auf Grund des hohen Pflegebedarfs auf der Strecke.

 


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