Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 251

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viele Gewerbetreibende bestätigen –, dass in keinem anderen Industrieland den grün­dungswilligen Bürgern der Gang in die Selbständigkeit und vor allem auch der erfolg­reiche Verbleib in der Selbständigkeit mit so viel Mühsal belastet beziehungsweise so schwer gemacht wird wie in Österreich. Und wenn dann die Agenda Austria noch schreibt, dass die SPÖ die Gewerbeordnung grundlegend ändern will und sie damit recht hätte, dann ist das bezeichnend für die ÖVP, die sich seit vielen Jahren als die Wirtschafts­partei geriert. Also wenn die Agenda Austria zu der Feststellung gelangt, dass die SPÖ eigentlich recht hat, so ist das für die ÖVP als sogenannte Wirtschaftspartei ein Armuts­zeugnis, und das zeigt eigentlich, dass sie von dem, was sie ursprünglich vorgehabt hat, so gut wie nichts umgesetzt hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


18.56.20

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möch­te auch zur Reform der Gewerbeordnung Stellung nehmen, weil es für mich als nicht ge­rade Wirtschaftstreibenden eine sehr interessante Erfahrung war, da in gewissen Be­reichen mitwirken zu dürfen. Es war irrsinnig spannend, die verschiedenen Zugänge zur Gewerbeordnung, in der so viele Bestimmungen und so viele Materien so umfang­reich zu behandeln sind, wie auch die verschiedenen Interessen zu sehen, nämlich den Zugang zur Selbständigkeit zu erleichtern, die Qualität der Ausführung vor allem bei den Qualitätsgewerben zu sichern und letztendlich auch die Firmen, die sehr stark in der Sparte Gewerbe und Handwerk angesiedelt sind, auch was Lehrlingsausbildung be­trifft, zu schützen. Das alles unter einen Hut zu bringen, war natürlich eine große He­rausforderung.

Ich bin ja schon öfter hier am Rednerpult gestanden und habe immer wieder den Appell geäußert: Nutzen wir doch diese Novelle auch dazu, Maßnahmen im Bereich Schein­selbständigkeit und Lohn- und Sozialdumping mitzudiskutieren! Und ich bedanke mich recht herzlich bei der Bundesregierung, dass sie im Ministerrat den Beschluss gefasst hat – dies mit einer Protokollanmerkung –, dass wir hier im Hohen Haus uns die dubi­osen Gewerbe in der Bauwirtschaft anschauen sollen und auch Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit verhandeln sollen.

Das haben wir gemacht, wir haben uns das genau angeschaut. Es ist auch gelungen, in der neuen Regelung bei den freien Gewerben die Kollektivvertragszugehörigkeit zu sichern. Vor allem ist es aber gelungen, die dubiosen freien Gewerbe aus der Liste der freien Gewerbe zu streichen. Ich nenne nur zwei Beispiele.

Erstens: Das Aufräumen einer Baustelle war ein freies Gewerbe. Nun sind selbständi­ge Scheibtruhenfahrer – in Vorarlberg sagt man, glaube ich, Schubkarrenfahrer – aus der Liste der freien Gewerbe herausgenommen worden, denn das sind klassische Schein­selbständige.

Oder: Das größte dubiose freie Gewerbe war das Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten, betreffend das wir 3 400 Gewerbescheine im Umlauf hatten. Ein Ver­spachtler auf einer Baustelle ist ein klassischer Scheinselbständiger. Es ist uns gelun­gen, auch das aus der Liste der freien Gewerbe herauszunehmen.

Wir haben außerdem die Qualität in der Aufsicht bei den Baumeistern und Holzbau­meistern verbessert, und wir haben den Betonschneider, den Betonbohrer wie auch den Erdbau aus den teilreglementierten Gewerben herausgenommen und zu den reglemen­tierten Gewerben dazugegeben und damit aufgewertet. Auch das ist ein Punkt, den man erwähnen muss.

Ich bedanke mich bei den Chefverhandlern, bei Christoph Matznetter und bei Peter Haub­ner, dass sie die Nerven bewahrt, die nötige Geduld aufgebracht und es ermöglicht ha-


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