Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 79

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10.10.35

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Man sieht eindeutig die zwei Extreme, auf der einen Seite der Protektionismus, das Sichbesinnen ausschließlich auf den Nationalstaat, auf der anderen Seite der hemmungslose Freihandel. Ich glaube, dass die Wahrheit (Abg. Stefan: In der Mitte liegt!) nicht auf der einen extremen Seite, aber auch nicht auf der anderen extremen Seite liegt. Man muss die Probleme ... (Abg. Strache: Wir sitzen eh schon in der Mitte, Herr Kollege!) – Sie versuchen, in die Mitte zu rücken, aber Sie sind noch weit rechts draußen. – Auf alle Fälle muss man die Probleme erkennen, die in diesem CETA-Freihandelsabkommen wirklich Probleme darstellen.

An sich ist Freihandel ein traditioneller Mechanismus, um den Handel in der Welt und den Austausch von Waren zu fördern. Man kann nicht grundsätzlich dagegen sein, aber was in diesem CETA-Paket verpackt ist, ist eine Schiedsgerichtsregelung, ein Inves­titionsschutz, der schon bedenklich ist. Man kann nicht jenen Konzernen, die weltweit schon die wirtschaftliche Macht haben, auch noch die Regeln wegräumen und ihnen eine Sonderform des Klagsrechts gegen Staaten einräumen. Das ist die erste Qualitätsverschiebung, die es gibt, weil Schiedsgerichte normalerweise Entscheidun­gen bei Vertragspartnern auf gleicher Augenhöhe treffen. Jetzt wäre es auch möglich, über diese Schiedsgerichtsentscheidungen paranationale Gesetzgebung zu betreiben.

Man kann nicht gegen die Regeln des Freihandels an sich sein, sondern man muss gegen diese Schutzmechanismen, die in dieses Freihandelsabkommen eingebaut sind, sein, und das ist die Position der SPÖ. Wir wollen diese Schutzmechanismen nicht, weil die Konzerne, die weltweit schon das Sagen haben und wirtschaftliche Macht ausüben, eben nicht noch Sonderklagsrechte bekommen sollen. Genau das ist noch zu verhandeln. (Abg. Kogler: Das steht im Vertrag!)

Es tritt morgen nur jener Teil in Kraft, der die europäische Rechtslage widerspiegelt, nicht jener, der die nationalstaatliche Rechtslage widerspiegelt. Dazu gibt es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland, das eindeutig sagt, dass die Schutzklauseln und die Gerichtsbarkeit nationalstaatliche Angelegenheiten sind und erst mit der Ratifikation in Kraft treten. (Abg. Kogler: Aber was ist jetzt euer Plan?) Wenn man nicht ratifiziert, treten daher diese Schutzmechanismen nicht in Kraft. Das ist unsere Position, darüber wird man ganz einfach noch reden müssen, denn so werden sie nicht kommen und so wird es nicht möglich sein, diese Schutz­abkommen auch wirksam zu machen.

Das ist eine verantwortungsvolle Position: sich nicht abzuschotten, sich nicht protek­tionistisch zu geben, sondern am Welthandelsgeschehen teilzuhaben und nur jene Auswüchse, die ausschließlich Konzerne, die weltweit agieren, bevorzugen, nicht zuzulassen. Das ist eine verantwortungsvolle Position, die man von uns als Regie­rungs­partei auch erwartet. (Abg. Kogler: Na ja, was sagt da die ÖVP?)

Jetzt zur direkten Demokratie, da bin ich ganz anderer Meinung als Kollege Stefan und Kollege Strache: Auf der einen Seite wettern sie dagegen, dass man den Konzernen über CETA den Weg in die politische Einflussnahme, in die wirtschaftliche Einfluss­nahme in Österreich ebnet. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Wenn unge­zügelte freie Demokratie kommt, wer hat dann die Möglichkeit, Kampagnen zu finanzieren? Wer wird das sein? – Jene, die die wirtschaftliche Macht haben, jene, die die Konzerne hinter sich haben, die sich Kampagnen leisten können. Nicht der ein­fache Bürger hat dann die Macht! Dann können sich die Konzerne auch noch Gesetzestexte bestellen. Und das wollen Sie?! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


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