Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 123

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12.51.05

Abgeordneter Leopold Steinbichler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ja, ein ganz, ganz wichtiges Thema, ich versuche jetzt aber ein bisschen Realismus in die Debatte zu bringen.

Wenn sich jemand wundert, dass man im Urin Glyphosat findet, dann braucht er sich nur die tägliche Speisekarte anzuschauen. Bevor wir uns diese anschauen, schauen wir einmal, wo Glyphosat überhaupt ausgebracht wird. Wir haben 47 Prozent Wald­fläche – nein; Seen und Gebirge – nein; die Hälfte des bewirtschafteten Agrarlandes in Österreich ist Grünland – kein Glyphosat! Reden wir dann darüber, wo es überall ausgebracht wird.

Bevor wir zum Speiseplan kommen, noch kurz: Es ist der Bereich Wissenschaft und Forschung, der diese Produkte entwickelt – wir sind ja immer so stolz darauf, dass wir so gescheit sind –, und dieser Bereich haftet nicht. Dann kommt die Behörde, die das Produkt zulässt – die haftet nicht! Dann kommen die Chemiekonzerne, die produ­zieren – die haften nicht! Dann kommt der Handel, dann kommt der Verkauf, dann kommt die Beratung. Es werden Inserate – Kollege Pirklhuber hat es gesagt – in den Fachzeitungen, in der Kammerzeitung, in den Bauernzeitungen geschaltet, seiten­weise! Die Vertreter fahren von Haus zu Haus und verkaufen. All die haften nicht!

Wer haftet? – Der Dumme, der kauft! Der, der das Produkt, das so schön angepriesen wird, kauft und bezahlt, der wird beschimpft! Das sind die ÖBB, das ist die ASFINAG, das sind die Gärtner, die die schönen Parkflächen in der Innenstadt pflegen, das sind die Konsumentinnen und Konsumenten, die es für ihren Rasen zu Hause verwenden – und letztlich die Bauern. Damit wir einmal die Bandbreite sehen! Und dann wird hier herinnen darüber diskutiert, dass die österreichischen Bauern die Bevölkerung mit Glyphosat vergiften!

So, und jetzt fangen wir gleich einmal beim Frühstück an, weil das Frühstück natürlich mit Glyphosat beginnen muss. Warum ist da (ein Glas Nutella in die Höhe haltend) Glyphosat drinnen? – Weil Palmöl drinnen ist! Damit wir einmal ein bisschen über die Realität reden. Natürlich will man dann zu Mittag (eine Packerlsuppe zeigend) ein Supperl mit Glyphosat. Wenn man dann noch einen Nachmittagskaffee trinkt und diesen mit günstiger Sprühsahne (diese zeigend) verfeinert – ist ja ganz ideal, ewig haltbar: mit Glyphosat. Wenn man eventuell beim Kochen (eine Flasche Eigelb-Ersatz in die Höhe haltend) veganes Eigelb verwendet, garantiert ohne Ei, garantiert ohne Milch, garantiert vegan und garantiert nachhaltig: mit Glyphosat. Das geht so weiter, und da sieht man genau, wie bei uns dieses Thema von der Politik diskutiert wird.

Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht äußerst peinlich, dass wir vor drei Wochen über die Farbe der Pommes frites, über die Farbe der Schnitzel diskutiert haben, aber nicht darüber, in welcher Drecksuppe das schwimmt? Nämlich in Glyphosat, weil das in jedem Brat- und Frittierfett drinnen ist. Das ist ein kleines Gebinde (den Kübel in die Höhe haltend), ein sehr kleines Gebinde, normalerweise haben wir 30-Liter-Blech­dosen, palettenweise. In diesem Fett baden wir unsere in Österreich gut produzierten Lebensmittel, und dann wundern wir uns, dass es Rückstände im Urin gibt.

Ich könnte ja alles auspacken: Crème légère (diese zeigend), anzuwenden wie Schlag­obers. Natürlich dürfen wir unsere Haustiere nicht vergessen (ein Packerl Katzenfutter zeigend), die bekommen das auch. Es geht wirklich quer durch den Gemüsegarten. Ich höre jetzt auf mit der Kosmetik und den anderen Geschichten. Es gibt noch eine gute Kochcreme (diese zeigend), die man verwenden kann, eine ganz bekannte Marke: mit Glyphosat.

 


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