Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 4. Oktober 2017 / Seite 40

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in der Tat viele Abgeordnete tun, nur einige Abgeordnete, namentlich von der ÖVP, wol­len damit nichts zu tun haben, offenbar insbesondere dann nicht, wenn es um die Ver­meidung von Armut, von Kinderarmut geht.

Herr Finanzminister! Sie haben im Zusammenhang mit dieser Maßnahme unter ande­rem von einem Wahlzuckerl gesprochen. Also zynischer geht es wirklich nicht mehr, als im Zusammenhang mit der Vermeidung von Kinderarmut von Wahlzuckerln zu spre­chen, nämlich im Zusammenhang von Menschen, die in Wirklichkeit nicht wissen, wo­von sie leben können.

Herr Finanzminister! Das Programm des Sebastian Kurz versteht offenbar unter neuer Gerechtigkeit genau dieses: Arme gegen Arme in der Gesellschaft auszuspielen, die Pensionisten mit einem niedrigen Einkommen gegen die Bezieher von Mindestsiche­rung! – Das ist wirklich eine erbärmliche Politik, die mit christlich-sozialen Wurzeln nichts, aber schon gar nichts mehr zu tun hat!

Herr Finanzminister, ich frage Sie: Wo übernehmen Sie die Verantwortung, wenn es da­rum geht, den sogenannten Abschleichern auf die Spur zu kommen? Im Rahmen der Verhandlungen zum Bankgeheimnis haben wir ein Kapitalabfluss-Meldegesetz beschlos­sen, darunter auch jene Kapitalzufluss-Meldepflicht, die dazu geführt hat, dass Ihnen bei Jahresanfang 19 000 Meldungen über Abschleicher zugegangen sind.

Herr Finanzminister, im Anschluss an das, was Jan Krainer gesagt hat, frage ich Sie: Was haben Sie bisher gegen diese Abschleicher unternommen? Stellen Sie sich bitte hier her und erzählen Sie dem Hohen Haus, was Sie diesbezüglich getan haben! Ich vermute: gar nichts!, und das ist typisch für Ihre Art von Politik. (Bundesminister Schel­ling: ... Sie Ihre Vermutungen ...!) Herr Finanzminister, ergreifen Sie das Wort, stel­len Sie sich hier her und erklären Sie uns, was Sie seit 1. Jänner gegen die 19 000 Mel­dungen im Rahmen des Kapitalabfluss-Meldegesetzes getan haben! Da geht es näm­lich nicht um die Ärmsten der Gesellschaft, Herr Finanzminister (Bundesminister Schel­ling: Ja!), da geht es um die Reichen und Superreichen, aber da sind Sie blind, da machen Sie die Augen zu. (Bundesminister Schelling: Das wissen ja Sie alles, ja!) Was haben denn Ihre Finanzbehörden bislang getan? Erklären Sie uns das! Mich wür­de das sehr interessieren. (Bundesminister Schelling: Machen Sie eine Anfrage, ich beantworte Sie Ihnen!)

Wenn Sie aber sagen, Sie übernehmen Verantwortung, und wenn Sie von Wahlzu­ckerln reden, dann wenden wir die Aufmerksamkeit doch auf das Wahlzuckerl, das wirklich ein Skandal in dieser Republik ist: das Wahlzuckerl der ÖVP! Das sieht vor, dass nichtentnommene Gewinne von Kapitalgesellschaften nicht mehr besteuert wer­den sollen; Personengesellschaften werden außen vor gelassen, die spielen ja keine Rolle.

Worum geht es da? – Da geht es darum, dass mit einem Schlag mindestens 4 Mil­liarden € an Körperschaftsteuer einfach so weg sind; ein Geschenk an die großen Ka­pitalgesellschaften, nicht an die kleinen Kapitalgesellschaften – nein, an die großen! Es könnten aber auch viel mehr als 4 Milliarden € sein, wenn nämlich auf der einen Seite die Ausschüttungen zurückgehen – was zu erwarten ist – und auf der anderen Seite dann natürlich auch Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer verloren gehen. Ich gehe jeden­falls davon aus, dass diese Maßnahme, wenn sie tatsächlich umgesetzt wird, zu einer Steuerlücke von 6 bis 7 Milliarden € führen kann, und das ist nahezu die Eliminierung der gesamten Einnahmen aus der Körperschaftsteuer.

Damit aber noch nicht genug: Mit dieser Maßnahme führen sie auch wieder sämtliche Privilegien für Privatstiftungen ein, aber dieses Mal nicht für 3 800 Privatstiftungen, nein, dieses Mal für alle, für alle Reichen und Superreichen der Gesellschaft in Öster­reich.

 


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