Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung, 28. Februar 2018 / Seite 61

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Herr Klubobmann Kern! Was müssen Universitäten leisten? Wohin sollen sie sich ent­wickeln? Wie sollen sie finanziert werden? – Das sind unzweifelhaft extrem wichtige Fragen, aber glauben Sie mir und glauben Sie auch den Universitäten, diese Fragen stellen sie sich ununterbrochen und sie reflektieren darüber. Dieses Gesetz ist auch nicht Ausfluss, wenn Sie so wollen, einer zweimonatigen Ministerschaft meinerseits, sondern das Endergebnis eines zehn Jahre dauernden Diskussionsprozesses darüber. Dieser zehnjährige Diskussionsprozess hat tatsächlich diesen Wechsel gebracht: Uni­versitäten sollen nach Leistungen finanziert werden. Ich habe viele Leistungsvereinba­rungsverhandlungen mit den Ministerien erlebt. Dort wurden Budgets nach historischen Verteilungsmustern vergeben. Alles andere wäre sehr schwierig, aber wahrscheinlich auch sehr konfliktreich gewesen, und deswegen hat man diese Art der Diskussion ver­mieden. Jetzt wird es eine andere Komponente geben, nämlich: Finanzierung tatsäch­lich nach Leistung, und eine Ausbildungsleistung ist unzweifelhaft eine Ausbildungs­leistung.

Wie viele Studierende an einer Universität ausgebildet werden können, ist wichtig. Der Paradigmenwechsel – und es ist wirklich ein Paradigmenwechsel – in Richtung stu­dienplatzorientierte Finanzierung ist wesentlich, aber dazu müssen Studienplätze auch definiert, müssen Studienplätze geschaffen und errichtet werden. Und glauben Sie mir, Herr Klubobmann Kern, ein Studienplatz in Chemie beispielsweise ist nicht von heute auf morgen errichtet! Dafür müssen Labore geschaffen werden, es müssen qualifizierte Professoren und Professorinnen berufen werden. Das Berufen von Professoren und Professorinnen geht aber nicht von heute auf morgen, sondern das dauert ein Jahr, zwei Jahre und manchmal auch fünf Jahre.

Weil es um Studienplätze geht und die Studienplätze eine Stabilität haben, muss man klarerweise auch die Frage klären, was passiert, wenn es mehr Interessenten für diese Studienplätze gibt. Herr Klubobmann Kern, ich habe mir auch den Satz notiert: Man muss dann sicherlich entscheiden, dass alle studieren sollen, die es wollen, aber auch dazu befähigt sind. – Diese Form einer gewissen Befähigung – wer hat tatsächlich das Zeug dazu, Chemie zu studieren?, um bei meinem Beispiel, bei meinem Bild zu blei­ben – entspricht der Form eines Zugangsmanagements nach Prinzipien, nach fairen, nichtdiskriminatorischen Prinzipien. All das sollte gewährleistet sein, und das wird von meiner Seite aus sicherlich auch beobachtet werden.

Es gibt also mehr Geld im System. Für diese glückliche Fügung im Frühsommer 2017 bin ich auch dankbar, gar keine Frage, aber wir müssen jetzt danach trachten, das Geld so zu verteilen, dass es nicht irgendwo im System zerrinnt, sondern dass das er­reicht wird, was erreicht werden muss. Dazu darf ich eines sehr deutlich sagen: Wir wollen nicht weniger Studienplätze haben, wir wollen auch nicht weniger Studierende zum Erfolg führen, aber, Frau Kuntzl, wir wollen aktive Studierende haben, und die ak­tiven Studierenden sollen auch eine Chance haben, aktiv zu sein. Dafür braucht es einen Zusammenhalt zwischen den Ressourcen, die man auf der einen Seite hat, den Kapazitäten, die man auf der einen Seite hat, und denjenigen, die diese Ressourcen und Kapazitäten in Anspruch nehmen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Frau Kuntzl, eines darf ich auch zurückweisen – aber ich weiß, das ist natürlich ein politischer Diskurs und ein politischer Jargon, der hat auch eine andere Art der Präzi­sion als ein wissenschaftlicher Diskurs –: Wenn Sie sagen, dass wir und indirekt auch ich, ohne einen Funken darüber nachzudenken, hinter diesem Gesetz stehen, dann sage ich Ihnen, das stimmt überhaupt nicht! Natürlich denke ich darüber nach, denken wir darüber nach, denken die Universitäten darüber nach, wie sie mit den Chancen der jungen Menschen fair umgehen. Frau Kuntzl, das ist die Raison d’être der Universität, dass sie Chancen für junge Menschen schafft. Jetzt den Universitäten vorzuwerfen,


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