15.37

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren!

„Not only must justice be done; it must also be seen to be done.“ Es genügt also nicht, dass es gerecht zugeht, sondern man muss auch sehen, dass es gerecht zugeht. Das sagt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der EGMR, in ständiger Rechtsprechung. Warum sagt er das? Warum sagt er, dass es wichtig ist, ob der An­schein besteht, dass es in einem Staat, in der Justiz eines Staates, in einem Rechts­staat gerecht zugeht? – Weil das die Grundlage des Vertrauens in den Staat, in den Rechtsstaat ist.

Das Vertrauen ist ja heute schon wiederholt erwähnt worden. Tatsächlich ist das Vertrauen die Grundlage unseres friedlichen Zusammenlebens. Gäbe es dieses Vertrauen in die staatlichen Institutionen nicht, was wäre die Folge? – Die Folge wäre, dass jeder sein Recht selber in die Hand nehmen müsste. Daher gibt es kein friedliches Zusammenleben ohne Vertrauen in den Rechtsstaat.

Und das Vertrauen in den Rechtsstaat ist durch diese BVT-Affäre ganz grundlegend erschüttert worden. (Ruf bei der FPÖ: Da tragen Sie aber dazu bei!)

Eine Bekannte von mir – sie ist Ausländerin, kommt ursprünglich aus Asien und unter­richtet seit mehr als zehn Jahren an einer österreichischen Hochschule – ist vor ein paar Tagen von einer deutschen Kollegin angerufen worden, die zu ihr gesagt hat: Sag einmal, fühlst du dich noch sicher in Österreich? Was geht denn hier vor? Du bist ja Ausländerin. (Heftiger Widerspruch bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Die soll nicht so viel „Süddeutsche Zeitung“ lesen!) Willst du nicht überlegen, ob du nicht wieder nach Deutschland kommst? – Sie hat nämlich früher an einer deutschen Uni­versität unterrichtet.

Es ist ein Faktum, dass Menschen, die vom Ausland her ein bestimmtes Bild der Vor­kommnisse bei uns bekommen, das Gefühl haben, dass man dem Rechtsstaat in Österreich nicht mehr vertrauen kann. Diese Situation wurde durch etwas herbei­geführt, das man die Arroganz der Macht nennen kann, indem nämlich mit einer offenkundig überzogenen Aktion – jedenfalls hat es den deutlichen Anschein, dass das eine überzogene Aktion war – vorgegangen wurde. Man könnte auch sagen, vielleicht ist es die Macht der Dummheit, weil man nicht berücksichtigt hat, welche Folgen ein solches Vorgehen haben kann.

Was mich als ehemalige Richterin ganz besonders schmerzt, ist, dass dann der Herr Justizminister ausrückt, um die Staatsanwaltschaft zu verteidigen, weil wir in Österreich noch immer die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaft bei einem Regierungsmitglied haben. (Beifall bei den NEOS.) Ein Regierungsmitglied muss damit ein anderes Regie­rungsmitglied decken oder ihm in dieser Bredouille beispringen.

Erst wenn Österreich auch einen unabhängigen Generalstaatsanwalt hat, die Ge­waltenteilung auch in diesem Bereich wirklich umgesetzt ist, wird wieder ein Vertrauen in die Justiz auch nach dem äußeren Anschein gerechtfertigt sein. Daher ist das ein Fall, der bestätigt, dass wir da großen Nachholbedarf haben.

Schließen möchte ich mit folgendem Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „stan­dardisierte und regelmäßige Kontrolle der Räumlichkeiten verfassungsmäßiger Insti­tutionen auf Abhörsicherheit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat schnellstmöglich eine Geset­zesvorlage zuzuleiten, die standardisierte und regelmäßige Kontrolle der Räumlich­keiten verfassungsmäßiger Institutionen auf Abhörsicherheit vorsieht.“

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Jarolim.)

15.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend standardisierte und regelmäßige Kontrolle der Räumlichkeiten verfassungs­mäßiger Institutionen auf Abhörsicherheit

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Kern, Kolleginnen und Kollegen

Ende Jänner wurde öffentlich bekannt, dass im Büro des Vizekanzlers Heinz-Christian Strache im Palais Dietrichstein eine Anlage gefunden wurde, die dazu benutzt hätte werden können, Gespräche in diesem Raum abzuhören. Gefunden wurde die Leitung von Beamten des Abwehramts des Bundesministeriums für Landesverteidigung, die laut Verteidigungsministerium im Zuge der Amtshilfe tätig geworden waren.

Regierungsbüros werden laut Innen- und Verteidigungsministerium in Österreich nicht standardisiert überprüft, sondern nur auf Anfrage. Fordert also ein_e Minister_in keine Überprüfung auf Abhörsicherheit an, so kommt es zu einer gravierenden Lücke in der Sicherheitsarchitektur eines Ministeriums. Auf diese Weise wäre es möglich, dass Ministerbüros und Räumlichkeiten anderer bedeutender Institutionen der Republik Österreich monate-, wenn nicht jahrelang unbemerkt abgehört werden können und so­mit klassifizierte Informationen nach außen dringen, was eine beträchtliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Es ist daher notwendig, die Abhör- und Spionagesicherheit der Arbeit der höchsten Organe der Republik durch regelmäßige Kontrollen der Räumlichkeiten durch den zuständigen Nachrichtendienst zu gewährleisten, unabhängig davon, ob ein_e be­stimmte_r Minister_in dies persönlich als notwendig erachtet oder nicht. Büros der Mitglieder der Bundesregierung, Büroräumlichkeiten des Bundespräsidenten, Be­sprechungsräume im Plenarsaal des Parlamentsgebäudes, Ausschusslokale des Parlamentsgebäudes und Büroräumlichkeiten, des Verwaltungs-, des Verfassungs- und des Obersten Gerichtshofs Österreichs müssen von solchen Kontrollen abgedeckt sein.

Aufgrund kürzlich aufgetretener Hinweise auf Unschärfe bei der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen dem Nachrichtendienst des Verteidigungsministeriums und dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung des Innenminis­teriums ist außerdem ehestmöglich die Zuständigkeit für solche Kontrollen eindeutig zu klären.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat schnellstmöglich eine Ge­setzesvorlage zuzuleiten, die standardisierte und regelmäßige Kontrolle der Räum­lichkeiten verfassungsmäßiger Institutionen auf Abhörsicherheit vorsieht.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll zu Wort. – Bitte.