Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 151

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Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Krisper. Ich darf ihr das Wort erteilen.


18.03.30

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt Gesetze, und diese müssen eingehalten werden. Das gilt für jene Menschen, die zu uns kom­men und von unserer Gesellschaft aufgenommen werden, das gilt aber auch für den österreichischen Staat. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Österreich ist dem Folterverbot und dem Non-Refoulement-Gebot – also dem Gebot, niemanden, dessen Leib und Leben in Gefahr ist, zurückzuschicken – verpflichtet. Beides ergibt sich aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 33 der Genfer Flücht­lingskonvention. All diesen Abkommen hat sich die Regierung in ihrem Regierungs­programm verpflichtet.

Die stellvertretende Leiterin von UNHCR-Afghanistan Aurvasi Patel hat letzte Woche erklärt, dass Kabul angesichts der eskalierenden Gewalt derzeit keine interne Flucht­alternative ist. Der Ausschuss gegen Folter des UN-Hochkommissars für Menschen­rechte hat 2017 erneut festgestellt, dass Folter in Afghanistan weitverbreitet ist und systematisch angewandt wird, darunter auch von den offiziellen afghanischen Sicher­heitskräften. – Heute sind wieder 29 Personen bei einem Anschlag in Kabul verstor­ben.

Die Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl haben jedoch den Charakter eines russischen Roulettes: Hat man Glück, darf man bleiben; hat man Pech, wird man in Gefahr für Leib und Leben geschickt.

Im Budget zum Bereich Asyl und Migration, das heute präsentiert wurde, scheinen sich die Wirkungsziele lediglich auf das Tempo der Verfahren zu beziehen, nicht auf die Qualität. Die schlechte Qualität der erstinstanzlichen Bescheide führt zu einer Flut von Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht und zur Überforderung der dortigen Richterinnen und Richter. Das hat uns auch der Dachverband der Verwaltungsrichter bestätigt. Wer in zweiter Instanz vor das BVwG zieht, muss außerdem noch hoffen, dass als Entscheidungsgrundlage nicht der Reisebericht eines gewissen Herrn Mahringer als Gutachten herangezogen wird.

Weiters schafft man es nicht, ausreisewillige Asylwerber wie den Täter vom Praterstern auch wirklich rückzuführen. Zu diesem Fall kann ich nur sagen, dass unfassbar ist, dass die Möglichkeit nicht genutzt wurde, die freiwillige Ausreise zu organisieren. Nur um das klarzustellen: Freiwillige Ausreise spricht nicht für die Sicherheit im Heimatland. Ich selbst habe während des Bürgerkriegs in Sri Lanka dort Flüchtlingsarbeit gemacht. Täglich sind die Bomben geflogen, und dennoch gab es freiwillige Rückkehrer. Freier Wille über Sicherheit – das kann ein Mensch für sich entscheiden, aber nicht der Staat, wir haben nämlich das Non-Refoulement-Gebot.

Im genannten Fall wurde also nicht die freiwillige Ausreise forciert, obwohl den Behörden der Aufenthaltsort des Asylwerbers und sein schweres Drogenproblem be­kannt waren, sondern man kümmert sich lieber um die einfachen Fälle, jene Personen, die sich völlig konstruktiv verhalten und daher leicht zu holen sind, so wie die junge Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn, die letzte Woche in den Morgenstunden von mehreren Polizeiautos und vielen Polizisten inklusive Polizeihund zur Abschiebung abgeholt wurde. – Die Statistik wird besser.

Auch aufrechte Ausreiseverpflichtungen werden von der Fremdenpolizei oft nicht zeit­nah vollstreckt. Wir schaffen es also weder, jenen Menschen Schutz zu bieten, die ihn


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