12.20

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner, BEd (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Grüß Gott allen Zuseherinnen und Zusehern hier und zu Hause! Ganz herzlich begrüßen darf ich heute meine Eltern, die extra angereist sind. (Allgemeiner Beifall.)

Ich wurde am 31. Jänner hier im Hohen Haus angelobt und durfte auch meine erste Rede halten; die erste Rede betraf Deutschförderklassen. Zu diesem Thema wurde eine Regierungsvorlage in Begutachtung geschickt, heute liegt der Gesetzentwurf vor. Ich bin stolz und freue mich darauf, da mitstimmen zu dürfen. Eine intensive Ausein­andersetzung mit diesem Thema in den letzten Monaten bestätigt mich in dieser Ent­scheidung. Deutschkenntnisse sind eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn sowie für die Integration am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft.

Geehrter Herr Mag. Strolz! Ich denke, wir werden uns einmal zusammensetzen und ein Rechenbeispiel durchrechnen. Sie reden von 80 Klassen, wir reden von 442 Dienst­posten; wenn wir das dividieren, so sind das 5,5 Lehrer in einer Klasse. Ich glaube, darüber sprechen wir noch intensiver. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Strolz hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Beim Hearing im Unterrichtsausschuss konnten wir uns ein sehr gutes Bild von der Notwendigkeit von Deutschförderklassen machen. Mir ist schon klar, dass das gespro­chene Wort der Experten hier unterschiedlich interpretiert wird, aber beachtlich finde ich vor allem den Ansatz von Frau Direktor Holzinger, einer Volksschuldirektorin in Wien, die von sich aus schulautonom mit ihrem Lehrerkollegium Deutschklassen ein­gerichtet hat. Warum hat sie das gemacht? – Ein 85-prozentiger Anteil von Schüle­rinnen und Schülern mit nicht deutscher Muttersprache führte das Kollegium zu diesem Schritt. Und laut ihrem Bericht ist das ein Erfolgsmodell. Ein integrativer Unterricht in einer Klasse mit 85 Prozent Schülern mit nicht deutscher Muttersprache ist nicht mög­lich und ein Sprachbad in so einer Schule und in so einer Klasse schon gar nicht. Frau Direktor Holzinger hat zu Recht so entschieden, da Schulen mit besonderer Herausfor­derung schulautonome Entscheidungen erfordern.

Im Begutachtungszeitraum wurden einige Stellungnahmen zur Gesetzesvorlage einge­bracht, Frau Cox hat uns darüber berichtet. Frau Hammerschmid hat von einem Zick­zackkurs gesprochen, aber unser Herr Minister hat das sehr wohl beachtet und mitein­gebaut – dafür ein recht herzliches Dankeschön.

Welche Aussage hat der Landesschulrat für Kärnten getätigt? – Er hat auf einen Bil­dungsverlust von zwei Jahren für unsere Schülerinnen und Schüler hingewiesen. Wer sich die Ergebnisse der Überprüfungen der Bildungsstandards anschaut, sieht, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund einen Wissensrückstand von zwei Jahren haben. Für mich liegt eines klar auf der Hand: Es ist besser, wenn diese Schülerinnen und Schüler in Deutschförderklassen einen intensiven Deutschun­terricht genießen und dafür diesen Wissensrückstand schneller aufholen.

Wenn wir von Klassenschülerzahlen sprechen, ist festzuhalten, dass im OECD-Durch­schnitt 15,2 Schüler auf einen Lehrer entfallen, in Österreich 11,8 Schüler. (Abg. Yıl­maz: Das ist doch gut!) Sollte es an vereinzelten Schulstandorten zu besonderen Ge­gebenheiten mit individuellen Bedürfnissen kommen, vertraue ich auf den schulautono­men Gestaltungsspielraum und auf die Kompetenz der Schuldirektorinnen und -direkto­ren mit ihren Lehrerkollegien, dies auch zu meistern, denn wo ein Wille, da ein Weg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn wir von der SPÖ-Fraktion und auch von Frau Cox immer wieder vom Segrega­tionsargument hören, so muss ich fragen: Bei einem elfstündigen Sprachförderkurs, eingeführt von Frau Hammerschmid, war das kein Thema? Jetzt müssen wir darüber reden? – Verwunderlich!

Folgendes möchte ich bitte auch noch aus dieser Expertengruppe, die in den Unter­richtsausschuss geladen war, bringen: Der Umgang mit Separation und Brennpunkt­schulen ist eine Aufgabe der Stadtentwicklung; dort sollte man beginnen, Überlegun­gen anzustellen, um Separation und Segregation vorzubeugen.

Meine Damen und Herren! Kein Mensch gleicht dem anderen, unterschiedliche Vo­raussetzungen erfordern individuelle Lösungen im pädagogischen Bereich. Reden wir aber von einem guten Miteinander in der Schule, so kann sich das nur durch klare Vor­gaben und Regeln meistern lassen. Ich habe einem Pressebericht entnommen, dass es in Wien einen runden Tisch zum Thema Gewalt an Schulen gegeben hat. Man hat sich darauf geeinigt, eine Broschüre ausarbeiten zu lassen, um besser informieren zu können. (Abg. Yılmaz: Unter anderem!) Meine Damen und Herren! Informationen sind gut, noch besser aber sind klare Regeln und klare Sanktionen für das Nichteinhalten dieser Regeln. (Abg. Heinisch-Hosek: ...! Es gibt Workshops seit Jahren!) Jeder von uns, der zu Hause Kinder hat, weiß, ein klares Nein ist für unsere Kinder besser einzu­ordnen als ein Vielleicht oder ein Reden-wir-einmal-darüber.

Ich möchte noch einen Abänderungsantrag einbringen, der zum einen eine Klarstellung dahin gehend bringt, dass der Einsatz sinnvoller pädagogischer Maßnahmen zur Ver­meidung von Schulpflichtverletzungen vor Anzeigeerstattung wichtig ist. Zum anderen möchten wir ein redaktionelles Versehen bereinigen, da gegen einen Bescheid der Schulbehörde nicht Widerspruch, sondern Beschwerde erhoben werden kann.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kolle­gen

zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (107 d.B.) betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Schulpflichtge­setz 1985 geändert werden (120 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (107 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulor­ganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schul­unterrichtsgesetz und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden, wird wie folgt ge­ändert:

1. In Art. 4 der Regierungsvorlage (Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985) hat die Z 8 (§ 24 Abs. 4) zu lauten:

„8. § 24 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Verwal­tungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertigtem Fern­bleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schul­pflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 € bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatz­freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.““

2. In Art. 4 der Regierungsvorlage (Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985) hat in der Z 10 (§ 27) § 27 Abs. 2 zu lauten:

„(2) In den Fällen des § 11 Abs. 3 beträgt die Frist für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht fünf Tage. Das Bundesverwaltungsgericht hat ab Vorlage sol­cher Beschwerden binnen vier Wochen zu entscheiden.“

*****

(Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (107 d.B.) betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Schulpflichtge­setz 1985 geändert werden (120 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (107 d.B.) betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Schulor­ganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schul­unterrichtsgesetz und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden, wird wie folgt ge­ändert:

1. In Art. 4 der Regierungsvorlage (Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985) hat die Z 8 (§ 24 Abs. 4) zu lauten:

„8. § 24 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Ver­waltungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertig­tem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemei­nen Schulpflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 € bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.“ “

2. In Art. 4 der Regierungsvorlage (Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985) hat in der Z 10 (§ 27) § 27 Abs. 2 zu lauten:

„(2) In den Fällen des § 11 Abs. 3 beträgt die Frist für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht fünf Tage. Das Bundesverwaltungsgericht hat ab Vorlage sol­cher Beschwerden binnen vier Wochen zu entscheiden.“

Begründung

Zu Z 1 (Art. 4 § 24 Abs. 4 SchPflG):

Ganz grundsätzlich ist an den Schulstandorten ein verantwortungsbewusster Umgang mit Schulpflichtverletzungen vorauszusetzen. Dennoch soll die große Bedeutung, die dem Einsatz sinnvoller pädagogischer Maßnahmen zur Vermeidung von Schulpflicht­verletzungen zukommt, bevor eine Anzeige gemäß § 24 Abs. 4 erstattet wird, durch ei­nen Verweis auf § 25 Abs. 2 herausgestrichen werden.

Zu Z 2 (Art. 4 § 27 Abs. 2 SchPflG):

Hier erfolgt die Berichtigung eines redaktionellen Versehens, da gegen einen Bescheid der Schulbehörde kein Widerspruch, sondern ohnehin eine Beschwerde beim Bundes­verwaltungsgericht vorgesehen ist.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte, Frau Ab­geordnete.