Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 130

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Das Projekt der europäischen Einigung konnte sich mit „Paris-Berlin“ bis heute auf eine starke Achse verlassen. Die rechte Wende baut auf eine neue Achse: „München – Wien – Budapest“.

Die Achse „Paris – Berlin“ setzt weiterhin auf gemeinsame europäische Lösungen. Die Achse „München – Wien – Budapest“ setzt auf nationale Alleingänge. Sie nimmt mutwillig die Beschädigung der EU in Kauf. Sie ist die Achse der Mutwilligen.

Polen und Ungarn sind die Pioniere des neuen Blocks in Osteuropa. Sie finanzieren bis zu 20 Prozent ihrer nationalen Budgets aus Zuwendungen der EU. Im Gegenzug verweigern sie jede Solidarität mit Staaten wie Österreich, die nicht nur 2015 ge­mein­sam mit Deutschland große Beiträge zur Lösung der Flüchtlingskrise geleistet haben. Sie sind die Trittbrettfahrer Europas. Ihre wichtigste Plattform ist „Visegrad“.

Im Zentrum der Renationalisierung steht die Flüchtlingspolitik. Ihr Rezept klingt einfach. Es besteht im Kern aus vier Punkten:

1.          Lager in Nordafrika

2.          Hilfe vor Ort

3.          undurchlässige europäische Außengrenzen

4.          Abschreckung durch Abschiebungen und Kürzung der Leistungen für Flüchtlinge, die es schon nach Europa geschafft haben.

Lager in Nordafrika sind ebenso unrealistisch wie eine hermetisch abgedichtete EU. Aber Hilfe vor Ort, das geht – wenn man will. Nur: Das World Food Programm WFP, von dem die Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge mit Lebensmitteln abhängt, wird von österreichischen Regierungen seit Jahren im Stich gelassen. 2018 liegt Öster­reich mit 603.865 USD auf Platz 43 der Spenderliste – hinter Lesotho, Luxemburg und Island. Die Schweiz zeigt mit 55 Millionen USD, wie auch ein kleines Land wirksam helfen kann.

Dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat Österreich für 2018 ganze 283.754 USD ver­sprochen. Die Schweiz beteiligt sich mit knapp 30 Millionen.

Statt der Flüchtlingshilfe finanziert Kanzler Kurz 2018 sich selbst – mit einem „Sonder­budget“ von 35,5 Millionen Euro. Für jeden Euro, den Kurz in Hilfe vor Ort investiert, in­vestiert er 30 Euro in sich selbst.

Und bei den Abschiebungen zeigt die Bundesregierung, wie man alles falsch macht. Ehemalige Flüchtlinge, die sich als Schlüsselarbeitskräfte bewährt haben, werden abgeschoben – und islamistische Hassprediger und Erdogan-Spitzel dürfen bleiben.

Der Fehlstart

„ ,Ich danke dir für deinen Mut und dass du hier für neue Bewegung sorgst‘, wendet sich Söder dann auch noch an Kurz persönlich.“4 Das berichtete die Presse am 20. Juni 2018 vom Besuch des bayrischen Ministerpräsidenten bei Kanzler Kurz in Linz. Strache und Kickl trafen zur gleichen Zeit den italienischen Innenminister Matteo Salvini in Rom.

Kurz machte aus seiner Unterstützung für die Grenzschließungspläne der CSU kein Hehl. Er verstärkte die Position der CSU: "Das Weiterwinken nach Mitteleuropa muss beendet werden!"5.

Am 20. Juni war der Putsch der CSU gegen die deutsche Bundeskanzlerin in vollem Gange. Innenminister Seehofer verfolgte mit der Schließung der bayrischen Grenze für Flüchtlinge aus Österreich ein offenes Ziel. Der Sturz von Angela Merkel war offen­sichtlich miteinkalkuliert.

 


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