Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 138

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irgendwo etwas weniger zahlen, aber irgendwann werden wir Partner und Freunde brauchen. Ein kleines Land ist nicht krisenfest, und wenn wir dann feststellen, wir sind allein, weil wir allen anderen die Solidarität verweigert haben, dann kommt der Punkt, an dem alle Österreicherinnen und Österreicher für eine perspektivlose und oppor­tunistische Europapolitik, für eine rechtspopulistische Europapolitik von Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache die Rechnung zahlen. Und darüber müssen wir recht­zeitig in diesem Haus reden.

Wenn Sie vor zehn Jahren gefragt hätten, ob man sich vorstellen kann, dass es mitten in Europa wieder Grenzen gibt, dann hätten alle gesagt: Das ist ja undenkbar! Nie wieder Grenzen! – Heute sind wir dank Seehofer, dank Orbán, dank Kurz wieder so weit. Ein Grenzzaun nach dem anderen wird wieder hochgezogen. Das offene und einige Europa wird wieder zerschnitten. An diesem Punkt sind wir jetzt, und wenn das möglich ist, dann ist ganz anderes möglich, dann ist es möglich, dass es in fünf Jahren keinen Euro und in 15 Jahren keine Europäische Union mehr gibt (Abg. Mölzer: In 15 Jahren gibt es keine Liste Pilz mehr!), weil es zu wenig Europäer an den Spitzen der nationalen Politik gegeben hat; und darüber müssen wir rechtzeitig reden! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich unterstelle Ihnen gar nicht, dass Ihr Plan die Zerstörung der Europäischen Union ist. Ich weiß, dass das nicht der Fall ist. Ich unterstelle Ihnen etwas ganz anderes, und da bin ich mir sicher: Sie nehmen diese Entwicklung einfach in Kauf. Sie nehmen die Beschädigung Europas als möglichen Kollateralschaden Ihrer persönlichen Kanzler­schaft einfach in Kauf. Die Achse mit Seehofer und Orbán – diese Achse, die alles auf Kosten von Flüchtlingen und alles mit rechtem Populismus macht – ist Ihnen mehr wert als die Begründung und Stärkung einer gemeinsamen europäischen Zukunft. An diesem Punkt sind wir nun, Herr Bundeskanzler.

An diesem Punkt möchte ich Sie noch an etwas Zweites erinnern: In der Flücht­lingspolitik muss es wie in der Sicherheitspolitik so etwas wie Vertrauen und Ehrlichkeit geben. Ich möchte Ihnen nun zum Abschluss ein Beispiel zeigen, damit wir sehen, wie es da mit der Österreichischen Volkspartei wirklich ausschaut. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Rosenkranz: ... verwendet gern Fremdwörter!)

Ich habe in diesem Haus nicht als Einziger immer vor den Gefahren des politischen Islam gewarnt. Ich habe in diesem Haus nicht als Einziger immer vor den Gefahren des Erdoğan-Regimes und seinen Anschlägen auf die offene Gesellschaft in Europa gewarnt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Gudenus.) Das haben auch die Freiheitlichen getan. Das haben auch Vertreterinnen und Vertreter der Volkspartei, der SPÖ und auch der NEOS getan. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das haben wir alle getan, aber mir ist wichtig, dass das ernst gemeint wird.

Ich zeige Ihnen nur, wie ernst das ist, hier haben Sie ein Beispiel (ein Veranstal­tungs­plakat in die Höhe haltend und davon ablesend): 13. Kultur- und Buchmesse und 7. Tür­kische Unternehmermesse in der Messehalle in Dornbirn, Eröffnung am 28. April 2018 mit Kemal Ergün, Nihat Hatipoğlu, Christian Gantner, Erich Schwärzler.

Christian Gantner und Erich Schwärzler brauche ich den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP nicht zu erklären; der eine ist Landesrat der ÖVP in Vorarlberg, der andere war es. Aber wer ist Kemal Ergün? – Das ist der Vorsitzende von Millȋ Görüş, der Muslim­bruderschaft. Wer ist Nihat Hatipoğlu? – Das ist ein hoher Vertreter von Diyanet, der türkischen Religionsbehörde in Ankara. (Abg. Schieder: Hört! Hört!)

Das sind türkische Unternehmer auf einer Unternehmermesse, die gemeinsam mit der ÖVP in Vorarlberg die Wirtschaft voranbringen wollen? – Nein, das sind Erdoğans Muslimbrüder und Erdoğans Religionsspitzel in Österreich! (Abg. Schieder: Hört! Hört!) Das sind die Leute, gegen die unser Verfassungsschutz ermittelt. Das sind die


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